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Daniel Mezger, zvg.

«Herr Mezger, ist der Literaturbetrieb wirklich so klein oder wirkt er nur so?»

Es wird ja viel Betrieb um Literatur gemacht. Man schreibt gerne über sie, man macht Fernsehsendungen, dieses Heft hier gibt es – und dann gibt es die Schriftsteller. Die haben damit reichlich wenig zu tun. Man sieht es daran, dass sie von allen in der «Firma» am schlechtesten bezahlt sind. Sie sind die Kakaobauern, der Betrieb verkauft die Schokolade.

Darum weiss ich fast nichts über den Betrieb zu sagen. Manchmal sehe ich ihn von fern, manchmal lese ich an Literaturanlässen und manchmal schreibe ich in diesem Heft eine Kolumne. Und ansonsten hocke ich an meinem Zeug. Manchmal hocke ich mit anderen Schriftstellern in einer Kneipe, dann reden wir kaum über den Betrieb, selten über Literatur und meist über Geld.

Natürlich: man kennt die anderen Menschen, die hierzulande auch mit Literatur zu schaffen haben. Das Land ist klein. Es heisst in diesem Fall: Deutschschweiz. Und natürlich: der Betrieb, das sind immer die anderen. Man sieht sie da so zusammenstehen, sieht sie reden, man sieht: vor lauter Bäumen einen Wald.

Aber wenn Schriftstellerinnen und Schriftsteller sich in der Öffentlichkeit treffen, dann nie zur Weltverschwörung und kaum je zum Reenactment der Gruppe 47. Es sieht eher so aus: da erwische ich an meinem geheimen Schreibort, der eigentlich ein öffentlicher Ort ist, aus Versehen den freien Stuhl gegenüber von einem Menschen, den ich auf den ersten Blick nicht erkannt habe. Bin ja Schriftsteller und kann nicht immer drauf aufpassen, was in der Welt um mich rum so geschieht… Und da sitzt mir gegenüber nun also einer, der ist auch Schriftsteller und er sagt hallo und ich sage das auch und er: «Wie läuft’s mit dem Buch?» Und ich: «Super, es läuft super. Und bei dir?» Und er: «Auch super, wirklich super.» Und ich: «Ah, schön.» Und er: «Und gell, sag, wenn du mal was zum Lesen geben willst, interessiert mich sehr.» Und ich: «Aber klar doch. Doch, gerne mal.» Und dann tun wir beide so, als würden wir arbeiten, bis einer von uns endlich so tun kann, als müsse er noch wohin.

Wir werden uns beide ein neues Café suchen müssen.

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