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Was die Redaktion auch noch las…

Von Lesern für Leser

Cynan Jones: Graben (übersetzt von Peter Torberg; Liebeskind, 2015) – Wales. Land. Grüne Wiesen. Grüngraues Meer. Ein Bauer. Dessen Vieh. Ein Jäger. Dessen Hunde. Darunter: ein Dutzend Dachse in ihren Bauten. Sie bedeuten: Viel Geld. Und: viel Blut. «Graben» (orig.: «The Dig») atmet feuchte Erde und Metall. Berichtet vom ewigen Kampf des Menschen mit der Natur. Mit den Elementen. Und mit seinesgleichen: Während Bauer Daniel in aller Stille mit sich und einem schrecklichen Verlust kämpft, treibt ein namen- und ruchloser Antagonist seine abgerichteten Hunde unter beider Boden. Und während die daran anschliessenden, nächtlich-illegalen Dachs-Hunde-Kämpfe für manche Leser kaum erträglich sein dürften, haben die stillen Momente dieser aussergewöhnlichen Novelle geradezu meditativen Charakter. (MW)

Donna Tartt: Die geheime Geschichte (übersetzt von Rainer Schmidt; Goldmann, 2013. Orig.: «The Secret History», 1992) – Eine Homestory aus Griechenland gab Anfang Jahr diese unverhoffte Empfehlung. Nein, nicht der ehemalige griechische Finanzminister, sondern der Athener Magazinmacher Chris Kontos, der die Schönheit von Zeitschrift «Kennedy» herausgibt – und in Sachen Arbeitshaltung aus seinem Lieblingsbuch zitierte: «A morbid longing for the picturesque at all costs.» Das Setting: in Neu Englands Wäldern lugt ein kleines College aus dem Nebel, dessen Altgriechischklasse gerade mal sechs Studenten zählt. Ein verschworenes Ensemble an verschroben-dekadenter Adoleszenz, die ihre Trink- und Rauchgewohnheiten genauso pflegen wie ihren Lehrer- und Dionysoskult. Die unheimliche Nonchalance fällt langsam, aber unaufhaltsam von den jungen Stilisten ab, als «Bunny», einer von ihnen, ermordet wird. Der Tathergang ist dabei kein Mysterium, umso mehr aber die Motiv- und Beziehungsgeflechte. Zeremonienmeisterin Tartt ist ein Muss für Film Noirettes, Nietzscheaner und amerikanische 1990er-Amoralisten. (SJ)

Adam Johnson: Nirvana (übersetzt von Anke Caroline Burger; Suhrkamp, 2015) – Dass die Welt selten ist, wie sie scheint, geht als Allgemeinplatz durch. Jenseits aller Allgemeinplätze macht aber Adam Johnson, Pulitzerpreisträger des Jahres 2013, das Bonmot zum literarischen Programm. In seinem soeben erschienenen Kurzgeschichtenband (orig.: «Fortune Smiles») dreht sich alles um Wahrheit und Illusion, um Blicke hinter die schönsten Kulissen – und um die Abgründe hinter vermeintlichen Harmlosigkeiten. Die Schauplätze reichen von Nordkorea übers Silicon Valley bis nach Deutschland, die Protagonisten können Flüchtlinge, IT-Experten oder Kinderpornographen sein. Oder alles zusammen. Wer Johnsons Stories liest, findet darin die Essenz modernen amerikanischen Geschichtenerzählens: straight forward, ehrlich, hart, relevant. So lehrt Lesen Demut.

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