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Bern – Frankfurt a.M.:
3 Stunden 49 Minuten
(wenn in D. nicht gestreikt wird…)

Bern – Frankfurt a.M.:  3 Stunden 49 Minuten  (wenn in D. nicht gestreikt wird…)


Auf nach Frankfurt! Es ist Buchmesse und ich bin am Arte-Stand eingeladen, um mein neues Buch vorzustellen. Eine halbe Stunde für Passanten, die zufällig kurz stehen bleiben, zuhören und dann weitergehen. Ihre Vorstellung ewig dauernder Lesungen – wer will, hört hin.

Schon als ich in den ICE steige, der mich direkt nach Frankfurt ziehen soll, bin ich in Deutschland. Züge verkörpern ihre Ursprungsländer. Ist es die Inneneinrichtung? Die Aufteilung der Sitzplätze? Der Komfort? Im ICE denke ich gleich an grosse Mengen von Filterkaffee in grossen Pappbechern, gereicht von grossen Leuten. Passend dazu in meinem Koffer Armin Sensers «Grosses Erwachen» aus dem Jahre 1999:

«Die Bibel drang bis nach Königsberg. Was Gott will, / war, was ihn beschäftigte. Aber Liturgie macht / aus der Vernunft einen falschen Clown.»

Dann eine Stimme, ein paar Reihen weiter vorn. Es ist die von Hanspeter Latour, dem Berndeutsch sprechenden Ex-Fussballtrainer. Er hat eine Biographie geschrieben, sagt er. Ein «Buch-Selfie».

«Ich werde mit dir durch Wälder / gehen, durch das Gedicht, / so werden wir älter, / ausser es trifft uns der Blitz.»

Diese liebevolle Ironie beschleunigt nicht nur mein Denken, sondern auch meine Fahrt. In Freiburg setzt sich ein Anzugmann zu mir. Er zieht einen Laptop aus seiner Reisetasche und ein Buch. Ich kenne das Buch. Es steht auch in meinem Regal. «Rue des Boutiques Obscures» des vor kurzem erkorenen Nobelpreisträgers Patrick Modiano. Gerade will ich ihm das erzählen, da legt er das Buch ins Ablagefach und begibt sich in die digitale Welt. Ich überlege zunächst. Dann versuche ich ihn doch zum Lesen zu ermuntern. Gratuliere ihm – dem hiesigen Stellvertreter aller Franzosen, wie sich herausstellt – zu dem Preis. Seine Frau habe ihm das Buch mitgegeben, sagt er lachend. Das klingt wie eine Entschuldigung.

«Ich werde mit dir aufwachen / im Paradies. / Und mit Akzent lachen, / als sei es Paris.» Auch ich lache mit Akzent. Fürs Lesen entschuldige ich mich aber nicht. 

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