Windeln
Wie das Baby schreit und schreit und schreit. Wie furchtbar langsam der kleine Mazda durch die Gegend zu kriechen scheint und in was für einen stickigen, feuchten Dunst aus Tränen, Rotz und sabbernder Spucke das Geschrei ihn einhüllt. Megan knirscht mit den Zähnen und schaut zu Steve hinüber. Er hält mit weiss gekrönten Fingerknöcheln das […]
Wie das Baby schreit und schreit und schreit. Wie furchtbar langsam der kleine Mazda durch die Gegend zu kriechen scheint und in was für einen stickigen, feuchten Dunst aus Tränen, Rotz und sabbernder Spucke das Geschrei ihn einhüllt. Megan knirscht mit den Zähnen und schaut zu Steve hinüber. Er hält mit weiss gekrönten Fingerknöcheln das Lenkrad umklammert und starrt nach vorn, auf die sich endlos ineinander verschlingende Naht aus gelben Markierungen. Die Kilometer türmen sich vor ihnen auf, es gibt keinen Weg, sie zu verringern, keine Oase, welche die Langeweile durchbrechen könnte, nicht einmal ein paar zerstreute Lichter, die den Blick von der Dunkelheit ablenken würden, die sich so erbarmungslos vor ihnen ausbreitet.
«Wie weit ist es noch?», fragt sie. «Soll ich ihn mal nehmen? Steve?»
«Noch ungefähr hundert Kilometer», knurrt er.
«Soll ich ihn nehmen? Steve?»
Der junge Vater wirft einen Blick über seine Schulter auf Bryce. Das Gesicht des Babys ist in einer Farbe irgendwo zwischen Scheunentorrot und Auberginenviolett angelaufen und die Adern auf seiner Stirn und seinem Hals sind derart angeschwollen, dass es so aussieht, als würde es erwürgt. Tatsächlich scheint der kleine Junge so heftig zu weinen, dass er womöglich keine Luft mehr bekommt. Er schreit nun schon seit über einer Dreiviertelstunde, seit sie das letzte Mal vor einer Tankstelle Halt gemacht haben. Die Trucker und Holzfäller dort taten so, als würden sie Megan nicht bemerken, wie sie auf dem beengten, überfüllten Rücksitz sass und dem Baby die Brust gab. Sie hatte sich eine Decke über die Schulter drapiert und starrte mit weissgespitzten Lippen ins Leere, während Steve auf dem Fahrersitz sass und den draussen mit ihren Dosenbier-Sixpacks, folienverpacktem Dörrfleisch und Kartoffelchips vorüberziehenden wildfremden Männern ein gezwungen heiteres Nicken zuwarf.
«Das geht doch nicht. Was ist, wenn man uns anhält? Womöglich kommen wir dann ins Gefängnis», wendet Steve ein.
«Also ich nehme ihn jetzt», sagt sie, ignoriert Steves Bemerkung, dreht sich um und streckt die Arme nach dem Baby aus, wobei sie mit ihrem Hinterteil gegen seinen Arm stösst. «Wir haben seit einer halben Stunde kein anderes Auto mehr gesehen. Ich riskiere das jetzt.»
«Aber was, wenn ein Reh auf die Strasse läuft? Komm schon, Megan, bitte lass es doch.»
Aber Bryce liegt bereits in ihren Armen und im nächsten Moment heulend auf ihrem Schoss, während sie sich erst ihren BH aufhakt und dann den Sicherheitsgurt wieder anlegt. Als sie sich das Baby an die Brust drückt, wird es sofort still.
«Das ist doch bescheuert», murmelt Megan. «Echt bescheuert. Warum tun wir uns das an? Andere Leute fahren mit einem Neugeborenen nicht so weite Strecken. Die machen so was einfach nicht. Die sorgen dafür, dass ihre Verwandten zu ihnen kommen, und bleiben schön zu Hause. Das war auch genau das, was die Hebammen uns geraten haben.» Ihre Stimme wird immer lauter. «‹Verlassen Sie das Bett erst gar nicht›, haben die gesagt. ‹Ziehen Sie die Vorhänge zu, schlafen Sie sich aus. Entspannen Sie sich.› Und was tun wir? Genau das Gegenteil! Genau das scheiss-verdammte Gegenteil!»
«Herrgott nochmal, du brüllst ja. Kannst du bitte aufhören, hier rumzubrüllen!»
Sie zieht die Beine auf den schäbigen Beifahrersessel zum Schneidersitz hoch und starrt in die blauschwarze Nacht des nördlichen Wisconsin hinaus. Es gibt nichts zu sehen. Endlose Kilometer Balsamtannen und Weisskiefern und Espen, und hier und da ein paar Tamaracklärchen, die sich mit ihrem schwachgelben Leuchten ein wenig von der Dunkelheit abheben. Keine Lichter, nirgends, abgesehen von dem Armaturenbrett, vor dem Steve sitzt und in dem ein paar Anzeigen leuchten, während die meisten anderen schon vor langer Zeit kaputtgegangen sind. Bryce hört auf zu nuckeln, fängt wieder an zu schreien und verweigert Megans Brust, ganz gleich, wie sehr sie sich bemüht, ihm den Nippel in den Mund zu stecken und zum Saugen zu überreden, ganz gleich, in welcher Position sie ihn hält, ganz gleich, welche Versprechungen sie ihm mit einschmeichelnder Stimme vorsingt. Ein verzweifeltes, hilfloses Gefühl breitet sich im Auto aus, wie ein tödliches Gas. Megan spürt, wie ihr die Augen nach hinten rollen, und wird von dem flüchtigen Verlangen überkommen, zwei Alprazolam einzuwerfen und eine Zeichentrickserie nach der anderen zu gucken; Steve überlässt sich für einen kurzen Moment der Fantasiewelt eines anderen Lebens, sein Leben, wie es früher war, ein Leben, in dem er nie geheiratet hat, sechs Tage die Woche als Barkeeper arbeitet, gelegentlich mit der Kellnerin von Applebee schläft, um ein Uhr nachmittags Flipper spielt und dabei ein kaltes, helles Bier trinkt.
«Und was jetzt?», fragt Steve.
«Ein verstopfter Milchkanal», antwortet sie und verzieht schmerzlich das Gesicht. «Deshalb hat er auch den Kopf weggezogen. Auuuu. Er muss auch mal auf die andere Seite.»
Sie dreht das Baby um und legt es an die andere Brust an. Bryce stösst einen letzten, tiefen, leidenden Seufzer aus und stürzt sich dann ihrem Brustkorb entgegen. Seine kleinen Hände umrahmen ihre Brust, und im Auto wird es wieder still.
«Ist er okay?», flüstert Steve.
Megan schaut auf das Baby herab. Sie berührt seine Stirn leicht mit einem Finger, findet die Tränen, die immer noch an seinen heissen, roten Wangen kleben, schöpft sich das Salzwasser in das Oval ihres Fingernagels und trinkt es. Dann zeichnet sie mit den Fingernägeln die winzigen Muschelschalen seiner Ohren nach.
«Er ist absolut vollkommen», antwortet sie. «Die Seite hier ist okay. Die Milch fliesst wieder.»
Sie fahren weiter, in einem dankbaren, gelähmten Schweigen.
*
Knute Barneson wurde einen Tag nach dem Tod von Steves Grossmutter Esther zum Einsiedler. Er verliess kaum noch sein Anwesen, was auch die 45 000 Kilometer auf dem Tacho seines Dodge-Ram-Pick-ups von 1984 bezeugen. Von Knutes Nachbarn, aber auch von seinem Landbriefträger wurden Steve immer wieder Geschichten zugetragen, von denen nicht wenige ziemlich alarmierend waren. Es waren seltsame Telefonanrufe, die Steve da erhielt, von Menschen, die ihm nahezu vollkommen fremd waren, Menschen, die dort im Wald zu Hause waren und die ihm von Knutes Unfällen und Missgeschicken berichteten. Sie erzählten ihm, wie Knute einmal zehn Meter aus seinem Hochsitz gestürzt und seinen rechten Oberschenkel auf einem abgeknickten Kiefernschössling aufgespiesst hatte. Oder wie er sich erst mit der Kettensäge geschnitten und die Wunde dann mit einer weissglühenden Brechstange ausgebrannt hatte. Wenn man Knute zu diesen Unfällen befragte, dann verzog sich sein Mund zu einem leichten Lächeln und er knurrte: «Davon hast du also gehört, hm? Tja, die war gar nicht so ohne, diese kleine Wunde.»
Er wohnte auf dreissig Hektar Land in der Nähe eines Ortes namens Alvin, der nicht weit von der Grenze zwischen Wisconsin und Michigan entfernt lag und dem schon vor langer Zeit jeglicher Schwung und Kommerz abhandengekommen war. Knute hatte das Land in den Sechzigern für einen Spottpreis als Jagdrevier gekauft, aber sobald er sich aus seinem Job an der Wall Street in den Ruhestand verabschiedet hatte, war er zusammen mit Esther hierhergezogen und hatte hier seinen Wohnsitz aufgeschlagen. Als Steve Knute zum ersten Mal besucht hatte, damals, als noch alle Barnesons zumindest höflich miteinander umgegangen waren und als sein Vater und Grossvater den Kontakt noch nicht abgebrochen hatten, gab es in Alvin ein Anglergeschäft, eine Tankstelle, einen Tierpräparator und ein paar Kirchen. Doch als sie jetzt durch den Ort fahren, sind all diese Gebäude in tiefste Dunkelheit getaucht. Selbst die so bibeleifrige Gemeinde der Pfingstkirche hat ein ZU-VERKAUFEN-Schild in ihrem Vorgarten aufgestellt.
«Und, bist du nervös?», fragt Steve seine Frau und wirft dann einen Blick auf Bryce, der auf dem Rücksitz liegt. Die Füsse des Babys beginnen zu strampeln und es hält die kleinen Fäuste vor den Augen zusammengeballt.
«Warum sollte ich das sein?»
«Nun, er ist halt so… Ach, ich weiss auch nicht. Er ist mein Opa. Aber ich weiss, wie seltsam er sein kann.»
Megan legt ihre Hand auf Steves blassen Oberschenkel und drückt ihn. «Er ist einfach nur ein grosser Teddybär», sagt sie dann. «Und ich möchte, dass Bryce seinen Urgrossvater kennenlernt. Erinnere mich daran, wir müssen unbedingt ein Foto mit euch dreien zusammen machen. Drei Generationen.»
Als sie ankommen, steht Knute im schmutziggrauen Licht neben seiner Feuertonne und nährt die Flammen mit blutbesudelten Fleischverpackungen aus Styropor. Er nimmt keine Notiz von ihnen, als sie vor das Haus vorfahren, und Megan fallen sofort die viel zu grossen Kleider des alten Mannes auf. Sie hängen ihm am Leib wie die Lumpen einer Vogelscheuche. Steve bringt den Mazda auf Knutes Kiesauffahrt zum Halten, direkt vor seinem alten Farmhaus, und Bryce fängt wieder zu weinen an.
«Geht es deinem Opa gut?», flüstert Megan. «Er sieht so…», sie hält inne. «Er sieht so gebrechlich aus.»
«Ach was», sagt Steve. «Dieser alte Kauz, der ist unzerstörbar.» Dann schlägt er die Fahrertür zu und geht zu seinem Grossvater hinüber, ohne das Baby auch nur eines Blickes zu würdigen. Megan löst den Sicherheitsgurt des Kindersitzes, zwängt sich mit dem Baby auf den Rücksitz und stillt es erneut. Ihre Brüste sind geschwollen und schmerzen und das war genau eins dieser Dinge, über das sie sich im Vorfeld Gedanken gemacht hat: das Baby vor Knutes Augen stillen zu müssen. Sie sieht zu, wie Steve auf seinen Grossvater zugeht und ihm seine warme, weiche Hand hinhält. Aber entweder bemerkt Knute die Hand nicht oder er weigert sich, sie zu schütteln. Stattdessen wirft er noch mehr Müll in seine Feuertonne und drückt ihn nach unten, mit einem Gegenstand, der wie ein zerbrochenes Kanupaddel aussieht. Megan sieht zu, wie ihr Mann schliesslich erst die rechte und dann die linke Hand in die Hosentasche steckt und wie die beiden Männer dann um die rostige Tonne herumstehen, während Knutes Müll in schwarzem Rauch und gelben Flammen aufgeht.
Als sich das Baby endlich von der Brust löst, milchtrunken und taumelnd vor Erschöpfung, hakt sich Megan den BH wieder zu, legt den Jungen behutsam in seinen Kindersitz zurück, tritt in die kalte Nachtluft hinaus und geht zu den beiden Männern hinüber.
«Ah», sagt Knute. «Da ist sie ja.»
Sie geht direkt auf ihn zu und umarmt ihn, spürt seinen Körper – viel zu dünn – und tritt dann wieder einen Schritt zurück. «Ich habe deinen Urenkel gestillt, Urgrosspapa.»
Er kratzt sich im Dunkeln an der Stirn. «Gott, bin ich alt», sagt er und schnalzt mit der Zunge.
«Nein, das bist du nicht», sagt Steve nachdrücklich. «Das Alter ist nur eine Zahl.»
«Was bist du denn jetzt geworden, ein gottverdammter Aufkleber auf irgend so einem scheiss Auto?», knurrt Knute. «Ich bin alt. Verdammte neunzig Jahre alt. So alt wie ein Stör.»
«Na, ich kenne jedenfalls nicht so wahnsinnig viele Neunzigjährige, die mutterseelenallein auf dreissig Hektar Land leben», sagt Steve.
«Die sind wahrscheinlich alle tot», sagt Knute. Dann wedelt er mit der Hand in die Dunkelheit hinter Steves Rücken und sagt: «Gib mir mal den Müllsack da.»
«Opa, man soll doch kein Plastik verbrennen», sagt Steve und hievt den Sack in die Höhe. Unten im Sack schwappt etwas hin und her, und Megan kann hören, wie Steve unter der Last ächzt, als er ihn dem alten Mann hinüberreicht.
Knute nimmt den Sack entgegen, starrt seinen Enkel an und sagt: «Willst du mir jetzt etwa sagen, was ich verbrennen darf und was nicht? Was glaubst du denn, wer du bist? Der Feuerwehrhauptmann? Ich verbrenne, was ich will. Das hier ist meine Feuertonne.»
«Es ist nur so, dass…»
Megan fasst Steve am Arm. «Komm schon, lass uns reingehen und die Sachen auspacken.»
«Und wann lerne ich den kleinen Kerl mal kennen?», fragt Knute.
«Er schläft gerade, Knute. Und hier draussen ist es kalt.» Sie denkt: Mein Baby wird auf keinen Fall diesen Rauch einatmen. «Wie wäre es mit morgen früh?»
«Ich hoffe, der Kleine mag Haferflocken. Mehr hab ich nämlich nicht. Haferflocken, Cornflakes und Milchpulver.»
«Er ist erst zwei Monate alt, Knute», sagt Megan. «Es dauert noch sehr lange, bis er so etwas essen kann.»
Er sieht sie an, als wären sie beide Fremde, die ihm nachts auf der Strasse begegnet sind, zwei Leute, die im Vorüberfahren vom grellen Licht seiner Scheinwerfer erfasst werden. Dann neigt er leicht den Kopf zur Seite, wirft schliesslich den Müllsack in die Flammen und stampft das Ganze mit seinem Schürhaken zusammen.
«Klar», sagt er. «Natürlich. Es ist schon lange her, dass ich ein Baby um mich hatte. Dann bis morgen also.»
Sie gehen zum Auto zurück, schultern ihr Gepäck, wobei Steve zudem noch den Kindersitz mit Bryce trägt, und betreten das alte Haus, in dem es nicht nur an persönlichen Habseligkeiten, sondern auch an jeglicher menschlicher Wärme zu fehlen scheint. Nur eine einsame Motte fliegt gegen eine Lampe aus Glas, immer und immer wieder, so dass ihr Flügelstaub auf den Küchentisch herabregnet. Im Haus herrscht ein schwer zu definierender Geruch, oder eigentlich sind es mehrere Gerüche: Holzrauch und Asche, Kiefernharz und Schweiss. Aber auch etwas Strenges, Beissendes, Verstörendes, das scharf und anstössig in der Luft liegt. Doch es gibt keine erkennbaren Anzeichen dafür, wo dieser Geruch herkommt, kein schimmelndes Essen, keine fauligen Teppiche. Das Haus wirkt karg, geradezu asketisch, mit seinen fehlenden Möbeln, mangelndem Komfort und dem Anschein von Sauberkeit. Das Erdgeschoss besteht aus zwei Räumen: der Küche und dem Wohnzimmer. Im Wohnzimmer gibt es einen Holzofen, einen Waffenschrank und drei alte Stühle, die einsam und verlassen vor sich hin warten, wie Mauerblümchen auf einem Tanzabend. Oben gibt es zwei Schlafzimmer, die durch ein kleines Bad getrennt werden.
Sie liegen zusammen auf einer grossen Matratze, Bryce liegt zwischen ihnen und saugt an Megans Brust. Steve lässt sein rechtes Bein aus dem Bett hängen. Sie können das Geräusch von Knutes Schürhaken hören, wie er damit draussen in der Feuertonne herumstochert, und auch den Wind, der durch die Bäume rauscht. Und sie riechen den ekelerregenden Rauch, der von dem brennenden Plastik und den ranzigen Lebensmitteln zu ihnen hinaufsteigt.
«Schläft er überhaupt jemals?», fragt Megan.
«Tja, er sieht schon irgendwie sehr dünn aus.»
«Kommt er denn zurecht hier draussen? So ganz allein, meine ich?»
«Ich weiss es nicht. Aber ich glaube nicht, dass ihn jemand dazu bringen könnte, von hier wegzuziehen. Jedenfalls nicht freiwillig. Du kennst doch Opa. Er muss in jeder Gesellschaft immer der schlauste und gemeinste Kerl sein. Immer. Und natürlich auch der, der am meisten Geld hat.»
«Kannst du nicht mit deinem Vater mal darüber reden? Vielleicht kann der ja was tun.»
«Die reden doch schon seit Jahren nicht mehr miteinander», antwortet Steve und seufzt. «Jetzt gibt es nur noch uns. Wir sind die Einzigen, mit denen er noch redet.»
Das Baby, das zwischen ihnen liegt, hört mit dem Saugen auf und schaut Megan an. Im nächsten Moment hören sie aus dem Innern seines frischangezogenen Stramplers und der darunterliegenden Windel das verräterische, zischende Strömen eines flüssigen Stuhlgangs. Das Baby kichert glückselig und der Raum wird von Gestank erfüllt.
«Du bist dran», sagt Megan und hebt das Baby hoch, damit Steve die Windel wechseln kann. «Du liebe Güte!», fügt sie dann hinzu. «Den frischen Strampler hat er jetzt auch noch durchgekackt! Und das Laken hat auch was abbekommen!»
Zwischen ihnen breitet sich ein erbsengrüner Fleck aus, etwa in der Grösse eines Hühnereis. Sie starren diesen Fleck an, als sei dort ein Verbrechen begangen worden, ein abscheuliches, fürchterliches Verbrechen, dessen Anblick zwar grosses Entsetzen in ihnen auslöst, dessen Folgen zu beheben sie jedoch viel zu müde sind. Beide Eltern sind unendlich erschöpft. Ihre Geduld ist zu einem winzigen Stummel heruntergebrannt, ihre Augen sind rot und verschwommen und sie wünschen sich mit verzweifelter Nostalgie den Schlaf herbei, eine ganze, ungestörte Nacht voll Schlaf.
«Darum kümmern wir uns morgen», sagt Steve. «Leg einfach eins meiner Hemden drauf und dann waschen wir es morgen.»
«Wie denn? Besitzt er denn überhaupt eine Waschmaschine?»
«Mit diesem Problem setzen wir uns dann morgen auseinander. Und jetzt schlaf du mal. Mach schon. Schlaf.»
Sie hat ihn womöglich nie mehr geliebt als in diesem Augenblick. Ihr sinken die Augenlider herab, noch während sie hört, wie ihr Ehemann die Klettverschlüsse der Windel aufreisst, den Popo ihres Sohns sauberwischt und dabei ein parfümiertes Reinigungstuch nach dem anderen verbraucht. Jedes einzelne Tuch entfaltet sich wie eine weisse Blüte, als enthielte das Paket lauter zauberische Waldlilien – ihre Lieblingsblume. Und dann wird der kleine Junge erneut zu Bett gelegt, direkt neben ihre Brust, gierig wie immer. Sie schiebt ihr T-Shirt hoch und so schläft sie auch ein, während das Baby an ihrer Brust saugt und sie noch die Schritte ihres Mannes hört, weit weg, wie er die Treppe hinuntersteigt, das Haus verlässt und zurück in die schwarze Nacht hinausgeht, zu dem alten Mann hinüber, der seine glühende Kohle hin und her schiebt.
Steve schliesst die Tür hinter sich und bleibt einen Moment vor dem Haus in der Kälte stehen. Sie sind zu einem ganz bestimmten Zweck hierhergekommen. Megans Beweggründe sind anständig und ehrenwert. Sie möchte, dass der alte Mann seinen Urenkel in die Arme nehmen kann. Sie möchte ein Foto für ihren zukünftigen Kaminsims, der sich irgendwann in ihrem zukünftigen Haus befinden wird. Sein Beweggrund jedoch lautet: den alten Mann um Geld zu bitten. Das war das Einzige, was ihn immer weiter vorwärtsgetrieben hat, während sie von Madison aus nach Norden fuhren, der einzige Treibstoff, von dem sein Körper durchströmt wurde, während Bryce stundenlang ununterbrochen schrie. Weil er zu stolz war, seine eigenen Eltern zu fragen, zu stolz, um ihre Eltern zu fragen, hatte er sich für Knute als die letzte und beste Möglichkeit entschieden: so etwas wie ein anonymer Wohltäter, anonym in seiner Einsiedelei, anonym in seiner Entfremdung von allen anderen Menschen und dazu noch unermesslich reich. Steve hatte Gerüchte gehört, leise Spekulationen bei Familienzusammenkünften. Man glaubte, dass es sich um eine hohe siebenstellige Summe handelte, möglicherweise sogar noch mehr als das. Keiner wusste es genau, weil Knute mit niemandem mehr sprach ausser mit seinem ältesten Enkelsohn, und das auch nur, weil sich sein Enkel durch zwei hervorstechende Charaktereigenschaften auszeichnete: Er war 1. bescheiden und 2. höflich. Als Steve noch als Teenager Knutes Anwesen besucht hatte und sich der alte Mann in wütenden Tiraden über solche Themen wie Einwanderung, Arbeitslose und Schwule ergangen hatte, sass Steve nur schweigend am Küchentisch und brachte nie auch nur einen einzigen der zahlreichen Einwände vor, die ihm Brust und Kehle zuschnürten.
Steves Vater hingegen, ein in die Jahre gekommener Hippie, gab dem alten Knute jedes Mal die volle Breitseite, woraufhin sie sich natürlich immer sofort in die Haare bekamen. Manchmal prügelten sie sich sogar und stürmten mit lautem Getöse durch die Küchentür in Knutes Hof hinaus, wo sie dann über Holzblöcke, rote Benzinkanister, Kettensägen, Äxte und Geräteketten stolperten. Doch weil Steve Zeuge dieser Auseinandersetzungen geworden war, wurde er womöglich noch weicher und nachgiebiger, lernte, zuzuhören, Konflikte zu vermeiden und sich so in den Augen des alten Mannes in jemanden zu verwandeln, der unsichtbar, umgänglich und liebenswert war.
Ich werde ihn jetzt direkt fragen, denkt Steve. Es wird sonst nur immer schwieriger werden. Ich kann hier nicht ohne das Geld wieder fort. Ich kann es einfach nicht. Er geht auf die Feuertonne und den alten Mann zu.
«Was hast du denn da?», fragt Knute und weist mit einem Kopfnicken auf die Windel in Steves Hand.
«Eine Windel», antwortet Steve, hält sie kurz hoch und wirft sie dann in die Feuertonne.
Knute starrt ihn mit einem kalten Blick an.
«Scheisse brennt nicht», sagt der alte Mann.
«Na ja, wir werden fünf Tage hier sein, ich dachte, es wäre am einfachsten so. Weisst du, sonst sammelt sich da nämlich ziemlich was an und fängt an zu stinken. Und ich war mir nicht sicher, was du sonst mit deinem Müll machst… bringst du ihn zur Müllkippe?»
Knute fährt sich mit der Hand über die weissbärtigen Wangen und fingert dann an dem Schmalz in seinen Ohren herum.
«Opa?»
«Was?»
«Was machst du mit deinem Müll?»
«Das hier. Das mache ich damit.»
«Du verbrennst alles?»
Der alte Mann nickt und reibt sich das Kinn. Weit in der Ferne heult ein Rudel Wölfe.
«Also kann ich Bryces Windeln auch verbrennen?»
«Wie?»
«Kann ich die Windeln vom Baby hier verbrennen?»
«Es wäre mir lieber, wenn du das nicht tätest», brummt Knute. «Das gefällt mir gar nicht. Meine Feuertonne voll mit dem Zeugs. Nur ein Haufen Plastik und Babyscheisse. Das gefällt mir gar nicht, um ehrlich zu sein.»
«Was sollen wir denn stattdessen tun?», fragt Steve. Erschöpfung und Verzweiflung schwingt in seiner Stimme mit. Jetzt mach es mir nicht so schwer, Opa, bitte.
«Na, stopf sie alle in einen Sack, binde ihn zu und stell ihn nach draussen. Scheisse brennt nicht, aber gefrieren tut sie schon. Und dann hoffen wir mal, dass keine Tiere kommen und den Sack aufreissen.»
Steve zuckt mit den Schultern, krümmt sich ein wenig zusammen, um sich vor der Kälte zu schützen, und stampft mit den Füssen. Das Feuer wirft nur ein sehr mageres, trauriges Licht und spendet so gut wie keine Wärme.
«Da hat sie dich also drangekriegt, dass du die Windeln wechselst, eh?», fragt Knute und stösst einen schleimig rasselnden Husten aus. «So weit ist es also gekommen, was?»
«Das ist doch das Mindeste, was ich tun kann. Das Kind klebt ja immer an ihr dran.»
«Mensch, haben die Zeiten sich geändert. Mich hättest du nie dabei erwischt, wie ich Windeln wechsle. Nie im Leben.»
«Tja, Opa, die Zeiten haben sich in der Tat geändert.»
«Wir waren damals nicht so Schlappschwänze, die sich von einer Muschi sagen lassen, wo’s lang geht, so wie ihr Typen heutzutage, oh nein. Ich liebe Megan ja schon, aber das ist ganz klar. Da gibt’s nichts dran zu deuteln. Die hat dich bei den Eiern.»
«Opa…»
Über ihren Köpfen wiegen sich die Äste von Knutes Zuckerahorn laut rauschend im Wind, und durch die Wolkenfetzen blinkt hier und da ein gleichgültiger Stern herab.
«Opa, kann ich dich um einen Gefallen bitten?»
Der alte Mann schaut von seiner Feuertonne auf. Das Licht der Flammen taucht seine Augen in ein rotgelbes Leuchten. «Das hängt wohl ganz davon ab, was für ein Gefallen das sein soll, denke ich.»
Steve schiebt die Hände in die Taschen seiner Jeans und sagt: «Uns droht eine Zwangsräumung. Wir schaffen es einfach nicht. Nicht, wo Megan jetzt mit dem Baby zu Hause bleibt und nicht mehr arbeitet. Und weil ich ja noch studiere, verdiene ich nichts. Und unser Kreditlimit haben wir auch schon längst ausgeschöpft. Du weisst, dass ich dich sonst niemals bitten würde, aber so sieht es aus. Wir sind total verzweifelt.»
Knute nickt und spuckt in die Flammen. «Also seid ihr hier hochgekommen.»
«Ich wollte, dass du Bryce kennenlernst.»
«Ach so, ja, wie könnte ich einem Baby auch etwas abschlagen, was?» Knute kichert finster in sich hinein. «Du bringst das Baby hier rauf und bittest mich dann um Geld. Ich verstehe. Du konntest nicht mal einen Tag warten, bevor du betteln gekommen bist. Du musstest sofort deinen ganzen Scheiss bei mir auskippen. Tja. Du bist nicht grad ein begabter Pokerspieler, was?»
«Nein, so war es doch gar nicht. Das Geld ist nicht wichtig, wir wollten, dass du ihn kennenlernst.» Fast hätte er gesagt: «Wir wollten, dass ihr zwei euch liebgewinnt.» Fast wäre er auf die Knie gesunken. Er ist so unendlich müde, so müde und arm und verzweifelt.
Knute lacht schallend. «Nun», sagt er dann. «Du musst ja vollkommen erschöpft sein. Wir reden morgen früh weiter.»
Er legt seinem Enkel weder eine Hand auf die herabgesackte Schulter noch umarmt er ihn. Stattdessen wendet er sich wieder der Feuertonne zu, als wäre diese seine engste Vertraute und als würde er in ihrem schwelenden Innern den einzigen wahren Trost finden.
Steve geht ins Haus zurück und schliesst sachte die Tür. Hinter der Schwelle bleibt er stehen und lauscht, wie der Wind am Haus rüttelt und die Fenster in ihren Rahmen erbeben lässt, wie er durch das Ofenrohr bläst und die Asche im Kamin durcheinanderwirbelt. Dann geht er sehr langsam und leise die Treppe hinauf, schlüpft lautlos und vollständig bekleidet ins Bett und schläft sofort ein. Das Kind liegt zwischen ihm und seiner Frau, und alle drei schlafen sie so nah beieinander, dass das Baby mit beiden Schultern seine Eltern berührt.
*
Er ist wach! Der alte Mann ist schon aufgestanden und im Stockwerk unter ihnen, und jetzt schreit Bryce und draussen, jenseits der fadenscheinigen gelben Vorhänge, ist die Morgendämmerung noch weit entfernt.
«Sag mir, dass ich das träume», sagt sie. «Sag mir, dass er nicht schon vor dem Morgengrauen aufgestanden ist.»
Steve schwingt seine Beine aus dem Bett, stellt die Füsse auf den kalten Holzfussboden und reibt sich die Augen. So müde. So furchtbar schrecklich müde.
«Steven», sagt sie und legt ihm die Hand auf den Rücken. «Bitte, bitte sag ihm, dass das Baby schlafen muss. Bitte.»
«Das werde ich.»
Sie denkt: Es war ein Fehler. Wir hätten nicht herkommen sollen. Wenn wir hier wieder wegfahren, sind wir noch schlechter dran als vorher. Dann haben wir selbst das Geld verloren, das wir in den Benzintank gesteckt haben.
Sie sieht zu, wie Steve durch die Tür geht, bereits angekleidet und mit den Schuhen schon an den Füssen, als wäre es Zauberei, und obwohl das Baby in ihre Achselhöhle heult, schliesst sie die Augen und summt ihm noch im Einschlafen beruhigend zu.
Knute ist im Wohnzimmer, in seinem Cowboyunterwäsche-Einteiler, und hackt dünne Holzspäne von einem grossen Eichenklotz ab. Er lässt die Axt gekonnt herabsausen, wobei er dem Gewicht der Axt und der Schwerkraft den Grossteil der Arbeit überträgt. Lange, schmale, gleichförmige Holzsplitter regnen auf den Fussboden seines Hauses herab, als wollte er riesige Streichhölzer fabrizieren.
«Opa? Opa, was machst du hier unten? Draussen ist es noch stockdunkel.»
«Anzündholz», antwortet der alte Mann. «Ich mache Anzündholz. Ich will ja nicht, dass euer Baby erfriert. Und du bist ja auch nicht grad nachts aufgestanden, um Holz im Ofen nachzulegen, wie ich sehe.»
Steve wirft einen Blick zum Fenster, auf dessen Scheibe jetzt gigantische Schneeflocken zu schmelzen beginnen. Er fährt sich mit den Händen durch die Haare. Der Mann hat den Verstand verloren. Hackt hier das Holz in seinem Wohnzimmer…
«15 Zentimeter», sagt der alte Mann jetzt. «Das hat jedenfalls mein Nachbar behauptet. Stell dir das mal vor! Es ist erst Oktober.»
Knute öffnet die Ofentür, schiebt dem Feuer das Anzündholz in den Rachen und pustet. Schwarzer Rauch quillt hervor, zusammen mit ein paar wenigen, tapferen Funken. Jetzt beginnt der Ofen zu knallen und zu ächzen. Der alte Mann reibt sich die Hände. «Kaffee?», fragt er.
Sein Enkelsohn nickt feierlich. Für einen Moment hat er vergessen, warum er überhaupt die Treppe heruntergekommen ist. Plötzlich ist er nur noch ein kleiner Junge in der Gesellschaft seines Grossvaters, verbringt mit ihm die frühen Morgenstunden, befolgt Anweisungen. Er läuft dem alten Mann in die Küche hinterher, setzt sich an den Tisch, sieht ihm dabei zu, wie er den Perkolator mit Wasser aus einem rostigen Wasserhahn füllt, sieht zu, wie er den Gasherd mit einem blauköpfigen Streichholz anzündet, riecht das Erdgas, sieht die Lähmungserscheinungen an Knutes Händen, während dieser den gemahlenen Kaffee abmisst, ihn dann in den Papierfilter löffelt und das Ganze auf die Flamme stellt. Schliesslich schlurft Knute zum Tisch hinüber und setzt sich.
Knute seufzt weniger, als dass er ausatmet. Er sagt: «Als dein Vater geboren wurde, war ich nicht da, wie du weisst, ich war auf See. Ich habe ihn erst kennengelernt, als er schon sechs Monate alt war. Wahrscheinlich würden die Leute so etwas heutzutage für undenkbar halten, aber damals haben wir das nicht so gesehen. Wir haben getan, was getan werden musste. Verstehst du? So was wie Vaterschaftsurlaub, so was gab es überhaupt nicht! Kannst du dir das vorstellen?»
Knute schüttelt den Kopf, saugt an seinen Zähnen und lässt seine alte Zunge im Innern ihrer Höhle knallen.
Steven nickt langsam. Sein Kopf sinkt tief herab, dem Tisch entgegen, bis er schliesslich die Stirn gegen die Tischfläche lehnt. Der alte Mann scheint das nicht zu bemerken. Das Wasser beginnt durch den Filter zu sickern.
«Du bist körperlich gesund und kräftig, oder etwa nicht?», fragt der alte Mann. «Hier draussen bekommt man immer Arbeit. Ich seh doch immer diese Schilder, jedes Mal, wenn ich nach Iron River fahre oder nach Rhinelander. Diese Schilder, wo draufsteht: MITARBEITER GESUCHT, vor den Tankstellen oder vor McDonald’s. Es gibt immer Arbeit. Es liegt einfach nur an euch – euch jungen Leuten. So sieht Amerika aus, heutzutage. Die Leute wollen diese Jobs nicht. Sie halten sich für etwas Besseres als diese Jobs. Deshalb haben wir auch dieses Mexikanerproblem und diese Grenzen, die grad mal so dicht sind wie ein Schweizer Käse. Alles Scheisse.»
Er spuckt auf die Holzdielen, als wollte er einen Punkt hinter seine Behauptung setzen. Dann reibt er die spärliche Pfütze mit den schwieligen Zehen in den Boden.
«Opa», hebt Steve an, aber seine Stimme verendet, gibt auf. Man kann mit einem solchen Gehalt keine Kinder aufziehen. Das kann niemand. Du kannst nicht studieren mit so wenig Gehalt und dann auch noch Kinder grossziehen, du kannst dir keine Krankenversicherung leisten und auch kein Auto.
Knute brabbelt weiter. «Ich könnte dir ja Geld geben, aber ich sag dir jetzt mal was, das würdest du gar nicht wollen. Im Endeffekt würdest du das gar nicht wollen. So sieht das nämlich aus. Genau so ist das nämlich. So gehört sich das: Du solltest arm sein und du solltest Sorgen haben. Du solltest arbeiten, bis du nicht mehr arbeiten kannst.» Knute kann spüren, wie sich sein Kampfgeist regt, spürt Zorn und Wut und einen uralten Groll, der in seiner Kehle hochsteigt, spürt, wie jede Faser seines Körpers bebt, seine Adern und Sehnen und Muskeln und alle Partikel, aus denen er sich zusammensetzt, alles scheint bei dieser Rede in Flammen aufzugehen.
Und jetzt! Wie er seine Faust auf den Tisch hinabdonnern lässt! Wie er den Jungen, der ihm gegenübersitzt, erschreckt! Wie er den Tisch vom Boden hochschnellen lässt!
«Opa», stösst Steve hervor. «Das Baby! Weck das Baby nicht auf!»
«Soll er’s doch hören», sagt Knute. «Soll er doch die Stimme seines Urgrossvaters hören!»
Er steht vom Tisch auf, schwenkt mit den Armen und singt auf Norwegisch, singt in der Muttersprache seines Vaters, in der Sprache, in der seine Grosseltern und Eltern mit ihm gesprochen haben, wenn es darum ging, ein Geheimnis mit ihm zu teilen, und er ist taub gegenüber Megans trommelnden Schritten, mit denen sie die Treppe hinunterrennt und ins Zimmer gestürmt kommt, ignoriert, wie sie ihn anstarrt, wie in den Spitzen ihrer Brustwarzen die nasse Milch steht und ihr T-Shirt durchtränkt, das nur bis knapp über ihre Unterhose reicht, ignoriert ihre nackten, bleichen Beine und den Nagellack, der von ihren Fussnägeln abblättert.
«Knute!», schreit sie.
Über ihren Köpfen brüllt das Baby und Steve denkt: Lieber Gott, bitte, lass ihn nicht aus dem Bett fallen.
«Knute!»
Da steht er, der Einsiedler, steht in seiner Küche und singt eine Hymne aus der alten Heimat, während die Kaffeekanne ihren Dampf hinauszischt und sich hinter dem Fenster bereits der Schnee aufzuschichten beginnt.
«Knute!»
Der alte Mann hört auf zu singen und bleibt mit einer Hand auf der Brust reglos stehen. Er sagt, ohne Steve anzusehen: «Junge, sag deiner Frau, sie soll bloss zu diesem Baby zurückgehen. Sag deiner Frau, sie soll ihre Möpse bedecken. Das hier ist mein Haus, nicht ihr Haus.»
Sie steht da, so angespannt, so zerbrechlich, dass ihr jeder Augenblick, in dem sie nicht in Tränen ausbricht, wie ein Sieg vorkommt. Doch jetzt verschränkt sie die Arme vor der Brust, spürt die durchs Haus wehende Zugluft an ihren Fussknöcheln, spürt die Haut in ihren Kniekehlen, und sie wünscht sich verzweifelt, sie wäre im Haus ihrer eigenen Eltern, wünscht sich weit weg von Knute und auch, vielleicht, von ihrem eigenen Mann, diesem Mann dort, der sie und das Kind hierhergebracht hat, in den Norden von Michigan, zu seinem Grossvater, in einem letzten verzweifelten Versuch, einen Weg zu finden, wie sie ihre Rechnungen bezahlen und ihre Köpfe über Wasser halten können. Wie sehr sie sich danach sehnt, das Baby ihrer Mutter in die Arme legen zu können, sich davonzuschleichen, zu dem Bett ihrer Kindheit, einem schmalen Einzelbett, und dort zu schlafen, wie sie es als Teenager getan hat, sechzehn Stunden ununterbrochen zu schlafen, und nur kurz aufzustehen, um ihre schwere, volle Blase zu entleeren, und diese qualvollen Beutel, die ihr jetzt von der Brust hängen, deren Nippel auf so groteske Weise angeschwollen sind, dass sie sich kaum noch selbst wiedererkennt, wenn sie vor einem Spiegel steht, dieses Säugetier, das da vor ihr steht und das Welten von der Athletin entfernt ist, die sie einmal war, der Läuferin und Schwimmerin und exzellenten Volleyballspielerin. Ohne ein weiteres Wort oder einen Blick in Richtung der Männer geht sie wieder die Treppe hoch, nimmt Bryce in die Arme, legt sich hin, zieht sich die muffige Decke über den Kopf und weint so lange, bis sie wieder eingeschlafen ist.
*
Zusammen mit dem Baby liegt sie den ganzen Tag im Halbschlaf und fühlt sich danach zumindest für den Moment einigermassen wiederhergestellt. Zwischendurch ist sie immer wieder aufgewacht, hat das Geräusch von Äxten gehört, die Holz zersplittern, aber es fühlte sich so gut an, dort in diesem kleinen Zimmer, nur sie und ihr Kind, und sie hatte gewiss keinerlei Bedürfnis, noch einmal nach unten zu gehen – weder um etwas zu essen noch aus irgendeinem anderen Grund. Sie hatte keine Lust auf die Konserven des alten Mannes, auf seine Dosenpfirsiche oder sein Corned Beef oder die fünf Jahre alten Blechbüchsen mit Dosenmais. Ihre Tagschlafträume waren herrlich bizarr: Riesige Spechte, die Knutes Haus mit schwertartigen Schnäbeln attackierten, Orgien mit vollkommen fremden Männern, eine waghalsige Fahrt mit einem alten Cadillac über irgendwelche Landstrassen. Im letzten Traum unterhielt sie sich mit ihrer Mutter, und obwohl sie nicht hören konnte, was diese zu ihr sagte, so verstand sie doch, dass ihre Mutter ihr nahelegte, sie solle Steve verlassen.
Megan steht aus dem Bett auf, verschwitzt und ein wenig taumelnd, mit knurrendem Magen und trockenem Mund. Im Zimmer ist es heiss und sie weiss, dass das Ofenrohr dafür verantwortlich ist, das irgendwo im Haus vor Hitze rasselt. Es ist vollkommen still im Haus. Also baut sie Kissen an allen vier Seiten des Bettes auf, legt ihr Baby in die Mitte dieser weichen Barrikaden und geht quer über den Flur ins Badezimmer.
Im Bad stinkt es entsetzlich, obwohl sie zunächst, als sie den Lichtschalter herunterdrückt, nicht erkennen kann, wo genau dieser Gestank herkommt. Der Spiegel ist vollkommen sauber, es ist kein einziger Zahnpasta- oder Spuckfleck zu sehen, der die glänzende Glasoberfläche besprenkeln würde. Ihr eigener Spiegel zu Hause ist viel schmutziger. Auch das Waschbecken ist makellos. Es gibt lediglich ein paar winzige Rostflecken in der Nähe des Abflusses, was wahrscheinlich an den alten Rohrleitungen liegt. Sie dreht den Hahn auf und wirft sich mehrere Handvoll Wasser ins Gesicht, bückt sich und trinkt direkt aus der Leitung. Das Wasser ist herrlich kalt und jagt ihr einen belebenden Schauder durch den ganzen Körper, als hätte sie ein kalter Blitzstrahl getroffen. Dann sieht sie sich um.
Auch die Bodenfliesen leuchten weiss. Aber als sie den Duschvorhang zurückzieht, entdeckt sie einen Eimer, der auf der Erde steht und bis obenhin mit schmutziger Unterwäsche gefüllt ist (Wäsche, die sicherlich einmal weiss war, aber nun eher grau ist), und obwohl die Luft hinter dem Vorhang auch einen Hauch von Bleichmittel aufweist, ist doch der vorwiegende Geruch der nach Fäkalien, und sie weiss, dass es Knutes Scheisse ist.
Sie zieht den Vorhang zu, schaut sich noch einmal genau um, reisst dann mehrere Meter Klopapier von der Rolle ab und setzt sich vorsichtig auf den Toilettensitz. Währenddessen fühlt sie sich hochgradig unwohl. Sie hasst es ja sogar, in Tankstellen oder Restaurants aufs Klo gehen zu müssen. Und jetzt fühlt sie sich besudelt. Angewidert. Obwohl der Eimer ein ganzes Stück entfernt ist und hinter einem Vorhang steht, hat sie das Gefühl, als befände er sich direkt neben ihr. Sie putzt sich ab, betätigt die Spülung und wäscht sich die Hände im Waschbecken. Das Seifenstück ist LAVA-Seife, aus Vulkanasche, und sie reibt sich mit dem rauhen Material ihre Hände und Unterarme, bis ihre Haut von den vielen winzigen Abschürfungen ganz rot ist. Als sie sich bückt, um nach einem Handtuch zu suchen, entdeckt sie zwei Packungen mit unbenutzten Erwachsenenwindeln.
Sie dreht den Wasserhahn zu, knallt die Badezimmertür hinter sich ins Schloss und tritt in den Flur hinaus. Die Luft ist zu heiss, ein Würgen steigt ihr in die Kehle, wieder und wieder, sie fühlt sich in diesem Haus eingesperrt, fühlt sich durch Steven eingesperrt, ja sogar durch Bryce. Sie will nur noch durch die Haustür nach draussen rennen, zum Mazda hinüberstürmen, das Gaspedal bis zum Anschlag durchtreten, irgendeine Kreditkarte für das Benzin belasten und den ganzen Weg bis nach Mexiko fahren, nach Nicaragua, nach Kolumbien… Neu anfangen, einen anderen Namen annehmen, Surfen lernen, mit den Delphinen schwimmen – alles, nur um von diesen Männern fortzukommen, von diesem kalten Land und diesen grausamen Umständen.
Als sie behutsam die Schlafzimmertür öffnet, sieht sie, dass Bryce immer noch schläft. Geschickt und vorsichtig, so vorsichtig wie noch nie zuvor in ihrem Leben, unendlich sachte und leise und langsam zieht sie das Laken vom Bett, während das Baby immer noch schlafend darin liegt. Sie löst es erst von den Ecken, zieht das beschmutzte Laken dann unter ihrem schlafenden Kind hervor, bündelt alles zu einem Knäuel zusammen, sammelt ihre Kleider ein, zieht sich im Flur an und huscht die Treppe hinunter. Nur ein wenig frische Luft, denkt sie. Wenn ich Steve dazu bringen kann, ins Haus zu kommen, damit wir allein miteinander reden können. Einfach nach Hause fahren. Zu meinen Eltern ins Haus ziehen. Uns sammeln, wieder zu uns kommen. So günstig wie möglich leben. Sie hat einen Plan gefasst. Noch weitere vier Tage hier zu verbringen, kommt nicht mehr in Frage.
Sie geht in die Küche, bereitet sich eine Schüssel mit Haferflocken zu, giesst mehrere Spritzer eines Ahornsirups hinein, der so aussieht, als hätte Knute ihn selbst hergestellt, und starrt aus dem Fenster. Ihr Ehemann ist dort draussen, schafft es irgendwie zu lächeln, hackt Holz mit diesem Irren, diesem Multimillionär, der – zumindest hat Steves Familie das bei ihren Zusammenkünften immer behauptet – eine geradezu hellseherische Begabung dafür hat, Marktentwicklungen vorherzusagen und alles zu verstehen, was mit (ausgerechnet!) wachstumsstarken Technologien und Verbrauchertrends zu tun hat. Dieser Mann, der sich nichts anschafft, der kaum jemals einkaufen geht und der – was sie nicht im Geringsten überraschen würde – womöglich auch dabei noch um jeden Cent feilscht.
Sie will sein Geld nicht und war von vornherein gegen diese Reise. Sie hatte zu Steve gesagt, sie könnten doch ihre Eltern um Hilfe bitten, aber er hatte sich geweigert, und bis zu einem gewissen Grade fand sie seine diesbezügliche Zurückhaltung ja auch liebenswert. Er wollte auf keinen Fall, dass sie ihrer Tochter ganz offen und unverhohlen zur Rettung kamen, dieser Frau, die etwas Besseres verdient gehabt hätte und für die er ganz offensichtlich nicht sorgen konnte. Dennoch liessen es sich die beiden vor kurzem in den Ruhestand getretenen Lehrer nicht nehmen, regelmässig Hundertdollarscheine in das Handschuhfach des Mazdas zu stecken und seine marode Heckklappe mit vollgepackten Einkaufstüten zu füllen. Ihre Eltern waren – das wusste sie – der einzige Grund, warum sie beide noch nicht untergegangen waren.
Sie isst die Haferflocken auf, sammelt die dreckige Wäsche zusammen und findet schliesslich auch die Tür, die in den Keller hinunterführt. Als sie die schwere, kalte Tür öffnet, kommt ihr aus der düsteren Tiefe ein eiskalter Windstoss entgegen. Sie tastet mit der Hand in die Finsternis hinein, lässt die Hand über die Wand gleiten, findet keinen Lichtschalter, berührt jedoch stattdessen eine Taschenlampe, die an einem in die Wand geschlagenen Nagel hängt. Die Lampe bringt nur einen schwachen, unsteten Lichtschein hervor, ein müdes Gelb, das von zwei uralten Batterien gespeist wird. Sie kann sie sich lebhaft vorstellen, wie die Batterien im Innern des Plastikrohrs, das sie da in der Hand hält, von ihrer eigenen Säure zerfressen werden. Sie geht sehr langsam die Treppen hinunter und prüft jede Stufe, bevor sie den Fuss darauf setzt, aus Angst vor Mäusen oder womöglich auch etwas Grösserem, das ihr über die Zehen und am Hosenbein hinaufhuschen könnte.
In einer Ecke des Steinkellers entdeckt sie eine uralte Waschmaschinen-Trockner-Kombination von General Electric. Beide Geräte sind derart rostverkrustet, dass es so aussieht, als würden Seepocken auf ihnen wuchern, aber sie scheinen immerhin sauber zu sein. Sie stellt sich vor, wie Esther hier unten gesessen hat, vielleicht mit einem kleinen Heizgerät oder einem Feuerzeug, und wie sie vielleicht einen ihrer Liebesromane gelesen hat. Oder etwas gehäkelt hat. Was für eine Frau war sie, dass sie es geschafft hat, mit Knute zusammenzuleben? Wie mag die Liebe zwischen den beiden wohl ausgesehen haben? Doch im nächsten Moment dachte sie: Nein, das ist nicht fair. Sie stellt sich Esther vor, wie sie in diesem Moment auf sie herabschaut, auf sie und auf Steve, auf ihre Ehe, die schon jetzt von den ersten Zeichen der Ermüdung und der Vergänglichkeit heimgesucht wird. Ihr wird klar, dass wenn Bryce jetzt aufwachen und vom Bett hinunterrollen würde, sie ihn hier unten niemals hören würde, und eine Sekunde lang bringt dieser Gedanke ein Gefühl der Freiheit mit sich.
Vorsichtig öffnet sie die Waschmaschinenklappe und wirft die dreckige Wäsche hinein, und dann, in einem Moment der Grosszügigkeit, denkt sie an Knutes Unterwäsche oben im Badezimmer, denkt an den Eimer und dass das Haus von einem unnötigen Gestank der Fäulnis erfüllt wird. Also geht sie die beiden Treppen wieder hinauf, nimmt den Eimer mit Unterwäsche, schafft es irgendwie, sich nicht zu erbrechen, obwohl ihr dabei die Augen tränen, und schüttet den gesamten Inhalt des Eimers in die Waschmaschine. Sie findet eine verstaubte Flasche mit Bleichmittel und eine stockfleckige Packung Waschmittel, wirft auch das in die Maschine und stellt die Wassertemperatur auf KOCHWÄSCHE. Wie durch ein Wunder beginnt die Maschine zu rasseln und zu ächzen. Sie wäscht sich die Hände in einem Spülbecken aus Beton, an dessen Rändern schon eine dünne Moosschicht wächst. Dann sieht sie sich mit Hilfe des immer schwächer werdenden Lichts der Taschenlampe im Keller um.
An der gegenüberliegenden Wand steht ein Metallschrank von der Art, wie sie auch ihr eigener Grossvater benutzt, um seine Haushaltschemikalien, Batterien, Trocknerfilter und Plastikmüllsäcke aufzubewahren. Als sie zu dem Schrank hinübergeht, streift ein dünnes, faseriges Etwas über ihr Gesicht, und sie muss in der Dunkelheit einen Schrei unterdrücken. Sie stellt sich den rosafarbenen, haarigen Schwanz eines Opossums vor, der sich ihr wie beiläufig um den Hals schlingt, oder eine lange Strähne von Esthers Haaren, die an die Deckenbalken geheftet wurde. Als sie den Lichtstrahl der Taschenlampe darauf richtet, stellt sie fest, dass es nur eine verblichene alte Schnur ist, die von einer nackten Glühbirne herunterhängt. Sie zieht daran, und die Glühbirne wird so langsam hell, als wären ihre Glühfäden ein fremdes, seltsames Wunder. Die Waschmaschine hat jetzt ernstlich zu gurgeln begonnen und schwankt leicht auf ihrer Verankerung hin und her. Es wird ein wenig wärmer im Keller und ein Geruch nach Seife und Bleichmittel beginnt sich auszubreiten. Es riecht, als habe hier eine Frau gewirkt. Eine Mutter.
Sie öffnet den Schrank. Und ringt fassungslos nach Luft. Sein Inhalt besteht grösstenteils aus alten Packungen mit Mausefallen, Zündkerzen und rostigen Nägeln sowie mehreren Kaffeebechern, aus denen angekaute orangegelbe Bleistifte ragen, wie die aufgestellten Stacheln eines Igels. Doch dort, in der obersten linken Ecke, fast von einem Kanister mit WD-40 verdeckt, dessen rote Plastikschnauze ihr entgegenragt, entdeckt sie zehn Bündel säuberlichst gestapelter Geldscheine. Ihr ganzer Körper summt geradezu vor Aufregung wie ein elektrischer Draht.
Sie kann hören, wie die Männer zurück ins Haus kommen, wie sie mit den Stiefeln aufstampfen, um den Schnee abzuklopfen, wie der Stoff ihrer Jacken raschelt, während sie sie ausschütteln, und wie sie sich mit den ledernen Handschuhen gegen die Oberschenkel klatschen.
«Hallo!», ruft Steven, nicht so laut, dass er das Baby damit aufwecken würde, aber laut genug. Sie lächelt. Plötzlich empfindet sie eine ganz neue Wertschätzung für diesen Mann, der es schafft, seinem Grossvater so viel Güte und Mitgefühl entgegenzubringen – Mitgefühl für einen Mann, der kaum noch kauen kann und dessen Körper ihn in empörender und peinlicher Weise im Stich zu lassen beginnt. Und ebenso plötzlich ist auch das Gefühl der Feindseligkeit verschwunden, das sie diesen beiden so mit Fehlern behafteten Männern dort oben eben noch entgegengebracht hatte. Sie weiss, dass sie selbst klüger ist als sie, fähiger, gesünder an Leib und Seele. Und sie weiss auch, dass sie zwei der Geldscheinstapel, die dort vor ihr liegen, einfach einstecken wird. Sie wird sie unter ihren Hosenbund schieben und den Gürtel enger schnallen. Und wem sollte das schon auffallen? Und was macht es am Ende für einen Unterschied für diesen grössenwahnsinnigen Millionär? Vielleicht war es ja auch seine Frau, die dieses Geld hier unten aufbewahrt hat, vielleicht war es ja ihr eigenes Geld, ihr Einkaufsgeld, das sie benutzte, um sich hier und da etwas leisten zu können, ein wenig Parfüm oder vielleicht Schokolade?
Ihre Hand schnellt vor, packt das Geld und stopft es sich unter den Hosenbund. Sie hört, wie jemand die Treppe hinunterkommt, greift sich rasch eine alte Kaffeedose mit Wäscheklammern, macht den Schrank zu und wirbelt auf dem Absatz herum.
Es ist Knute. Seine weissen Haare sind zerzaust und kräuseln sich auf seinem vor Kälte rot glühenden Schädel in die Höhe, als wüchsen ihm lauter lockige Wolkenschwaden aus dem Kopf. Seine Augen sehen müde aus, und vielleicht, so denkt sie, auch ein bisschen neugierig.
«Und, hast du alles gefunden, was du brauchst?», bellt er. «Hast du das Waschmittel gefunden?»
Sie nickt. Ihre Stimme will ihr nicht gehorchen. Der Eimer steht genau dort drüben, neben der Waschmaschine, und jetzt fragt sie sich, ob es nicht eine zu grosse Überschreitung seiner persönlichen Grenzen war, sich in seine Wäsche einzumischen. Das Geld, so glaubt sie, wird niemand jemals vermissen, auf dem obersten Stapel lag mindestens ein Zentimeter Staub und von den schwergängigen Türen zu urteilen, hat seit einer Ewigkeit niemand mehr in diesen Schrank hineingeguckt. Aber die Unterwäsche. Das wird er natürlich bemerken.
«Ja», kiekst sie. «Danke.»
«Bei dir alles in Ordnung, Darling?» Sein Gesichtsausdruck wird ein wenig weicher. Er bleibt unten auf dem Treppenabsatz stehen. Das Licht fällt von oben auf seinen Rücken, sein Gesicht und seine Brust liegen fast im Dunkeln – die Glühbirne ist einfach zu staubig. «Hör mal», hebt er an. «Wegen heute früh, ich… » Aber dann verstummt er. Sie weiss, dass er sich nicht für das, was er getan hat, entschuldigen wird. Dieser Wall-Street-Baron, Einsiedler, Witwer und Patriarch. Sie hat auch nie mit einer Entschuldigung gerechnet. «Danke», sagt er. «Danke, dass du meinen Urenkel auf einen Besuch hergebracht hast.»
Er dreht sich um, geht wieder die Treppe hoch und lässt sie dort stehen, das Geld in die Unterhose gestopft. Die Waschmaschine lärmt, und in weiter Ferne kann sie hören, wie ihr Baby aufwacht.
*
Knute hat sich feierlich auf dem Beifahrersitz des Mazdas niedergelassen. Steve fährt, Megan und Bryce sitzen auf dem Rücksitz. Das Baby gibt ein glückliches Glucksen von sich. Megan legt ihm den Zeigefinger unter sein kleines Kinn und hüpft dann damit zwischen Kinn und Nase hin und her. Die Autoheizung pumpt heisse Luft in den Wagen, und Knute riecht nach Alte-Männer-Aftershave, hat seine Haare in einer majestätischen Tolle über den Kopf gekämmt und späht in die Dunkelheit hinaus.
In Eagle River lädt Knute sie zum Abendessen ein. Sie sitzen in einem düsteren Restaurant, dessen Wände mit ausgestopften Tieren dekoriert sind, mit riesigen Raubfischen, deren gewölbte Leiber sich imposant durch die stickige Luft schwingen, Sechzehnendern, die stoisch mit ihren glasigen Augen herabstarren, und einem Schwarzbären in jeder Ecke, die ihre grossen Tatzen erhoben haben, als wollten sie angreifen oder vielleicht auch resigniert salutieren.
Der Abend fühlt sich gut an, fühlt sich richtig an. Wie eine Familie. Knute trinkt zwei Gläser Rotwein, und sie schauen zu, wie er immer schläfriger wird und wie sein Gesicht bei den ersten Anzeichen glückseliger Trunkenheit in sich zusammensackt. Bryce ist derweil in seinem Kindersitz eingeschlafen, der Lärm im Restaurant hat seine noch so neuen Sinne überwältigt und ihn in den Schlaf gewiegt. Und während Knute immer stiller wird und kaum mehr wach auf seinem Stuhl hängt und während das Baby schläft, sehen sich Megan und Steve über den Tisch hinweg an und einen Moment lang kommt es ihnen so vor, als hätten sie die ganze Welt besiegt. Die Geldbündel bestanden aus lauter Hundertdollarscheinen. Megan hat sie zwischen den Windeln in Bryces Wickeltasche verstaut – dem allerletzten Ort, in den Knute freiwillig seine Hand stecken würde, denkt Megan ein wenig schuldbewusst. Bevor sie zum Restaurant aufbrachen, hat sie noch rasch Knutes Unterwäsche zusammengelegt (die zwar immer noch ein wenig schäbig, aber immerhin sauber aussieht) und hat sie ordentlich gefaltet in einem alten Weidenkorb oben auf den Trockner gestellt. Kurz vor ihrem Aufbruch nach Madison wird sie den Korb dann oben in sein Badezimmer in eine Ecke stellen, wo er ihn mit Leichtigkeit wiederfinden wird.
«Auf uns», sagt Steve und neigt sein Weinglas Megan zu.
«Auf uns», antwortet sie und denkt: Wir werden es schaffen. Wir können es schaffen.
Während der Autofahrt zurück schläft Knute fast sofort ein, und auch Bryce döst in seinem Kindersitz. Megan legt ihren Kopf an die zugefrorene Scheibe und lässt ihre Augen zufallen. Sie weiss, dass Steve sie sicher wieder heimbringen wird; er ist immer schon eine sichere Bank gewesen, nicht unbedingt aufregend, aber immer sicher. Sie denkt: Wie soll er denn den Weg zurückfinden? Woher kennt er die Strassen hier? Viele von ihnen scheinen wenig mehr zu sein als zweispurige Holzabfuhrwege und sind schlecht markiert, wenn überhaupt. Sie schläft ein.
*
Als sie aufwacht, ist die stickige heisse Luft im geparkten Wagen von einem widerlichen, penetranten Geruch durchdrungen. Bryce reibt sich mit seinen winzigen Fäusten das Gesicht, und sie weiss, dass er Hunger hat. Ihre Brüste sind schmerzlich angeschwollen und sie will ihr Kind so bald wie möglich stillen. Was ist das nur für ein Geruch? Der alte Mann hat die Beifahrertür geöffnet und ein Stoss kalter Luft füllt das Auto und scheint den Geruch für einen Moment zu vertreiben, aber er ist so durchdringend, so ätzend, dass sie ihn in ihren eigenen Haaren riechen kann. Erst denkt sie, Bryce sei die Ursache, sie kann sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal seine Windel gewechselt hat – lange bevor sie zum Essen gefahren sind. Aber in diesem Moment lehnt Steve sich zu ihr nach hinten, auch seine Tür steht offen, und auf seinem Gesicht hat sich echte Besorgnis und auch so etwas wie Entsetzen ausgebreitet.
«Opa hatte ein, äh…» Er zögert und wirft einen Blick auf den Beifahrersitz. «Opa hatte einen Unfall.»
Sie zieht sich an der Lehne des Beifahrersitzes hoch und sieht nach unten. Dort, auf der Rücklehne der alten Polsterung, ist ein schmaler braungelber Streifen aus Kot, und jetzt, als sie zu Knute hinübersieht, erkennt sie, dass er mit jener verräterischen Vorsicht geht, die Personen mit vollgeschissenen Hosen zu eigen ist. Und nun schreit Bryce, die kalte Luft hat ihn aufgeweckt, und er strampelt wild mit den Armen und Beinen.
«Ich mach jetzt das Auto sauber», sagt Steve. «Geht ihr zwei mal ins Haus. Morgen früh reisen wir ab.»
«Steve», sagt sie. «Wir sind erst zwei Tage hier…»
«Wir erfinden einfach irgendwas. Ein Bewerbungsgespräch oder einen Arzttermin, den wir vergessen hatten. Dieses Haus hier, ich weiss nicht. Es ist… Ich habe hier einfach kein gutes Gefühl. Es ist nicht gesund. Kein Ort für ein kleines Baby.»
Sie zieht Bryce aus seinem Kindersitz hoch. Seine Kleider sind kalt und vollkommen durchnässt.
«Geh schon», sagt Steve.
Sie küsst ihn und geht zum Haus hinüber. Knute betritt es in dieser Sekunde durch die Eingangstüre. Sie kann den Fleck auf seiner Hose sehen und verzieht das Gesicht. Drinnen sagt sie: «Ich glaube, wir gehen ins Bett. Der Kleine braucht eine frische Windel und sein Abendessen.» Knute winkt wegwerfend mit der Hand. Sie steigt rasch die Treppe hinauf, schliesst die Schlafzimmertür hinter sich, legt das Baby aufs Bett, zieht sich hastig bequemere Kleider an, nimmt Bryce dann wieder in die Arme, legt sich in das quietschende Bett und stillt das Baby. Sie hört, wie sich unten erneut die Eingangstür öffnet, und weiss, dass es Steve ist, der in einem Haus, das nicht das seine ist, nach Reinigungsmitteln suchen muss, und das auch noch, ohne den Besitzer fragen zu können, wo dieser etwa seine Teppichreiniger und Lappen aufbewahrt.
Und dann hört sie Knutes Schritte auf der Treppe. So unendlich langsam. Sie kneift die Augen zusammen. Fühlt, wie echtes Mitgefühl für diesen alten Mann in ihrer Brust aufsteigt, der so allein und in eine zusehends verfallende Hülle eingeschlossen ist. Was wird passieren, wenn er einen Schlaganfall hat? Wenn er die Treppe hinunterfällt, die er da gerade hinaufsteigt? Wenn er an einem Hühnerknochen erstickt oder auf den Fliesen im Badezimmer ausrutscht, während er verzweifelt versucht, die Sauerei von seinem alten, knochigen Körper abzuwaschen. Sie fragt sich, ob es wohl an dem Essen im Restaurant gelegen haben könnte, vielleicht an dem Krabbencocktail oder dem schweren Salatdressing, an irgendetwas, das verheerende Schäden in seinen Junggesellengedärmen angerichtet hat. Etwas zu Reichhaltiges, Dekadentes, das sein armer verschrumpelter Bauch von sich wies, während er dort schlafend und weintrunken in dem klapprigen japanischen Auto seines Enkels sass und die Heizung ihm glühende Luft in das schnarchende Gesicht blies.
Sie hört ihn am oberen Ende der Treppe ankommen und rechnet nun damit zu hören, wie er ins Badezimmer geht, die Türe hinter sich abschliesst und wie dann vielleicht mit einem rostigen Husten die Dusche in Gang kommt und ihren kalten und dann ganz allmählich wärmer werdenden Wasserstrahl ausspuckt. Aber sie hört nichts dergleichen. Sie hört nur, wie Knute in sein eigenes Schlafzimmer schlurft, und stellt sich vor, wie er dort auf sein Bett fällt und sofort einschläft, immer noch in dieselbe Unterhose und Hose gekleidet, die Schuhe noch fest zugeknotet. Und diese Vorstellung macht sie unendlich traurig. Am liebsten würde sie dort in sein Zimmer gehen, sobald Bryce eingeschlafen ist, dem alten Mann die Schuhe, Hose und Unterhose ausziehen und seinen Körper mit einem warmen, seifenschaumgetränkten Handtuch waschen, ihm dann die Decke bis über die Schultern hochziehen, ihre Fingerspitzen küssen und damit seine Stirn berühren. Sie wünscht sich, sie könne sich dieses Mannes annehmen, eines Mannes, der früher einmal verheiratet war, der eine Partnerin an seiner Seite hatte, eine Frau, die versprach, sich um ihn zu kümmern, ihn zu heilen und geduldig und freundlich mit ihm zu sein. Und der jetzt allein ist und vielleicht hinter seiner grimmigen Fassade von Angst zerfressen wird. Angst vor seinen eigenen Eingeweiden, Angst vor seinem Körper.
Aber stattdessen schläft Megan vollkommen erschöpft ein, mit ihrem Baby in den Armen, während ihr Mann draussen im Auto kniet und an dem Polster herumschrubbt, das diesen letzten Affront nicht verdient hatte.
*
Sie wird lange vor der Morgendämmerung wach. Das Baby ist nicht mehr in ihren Armen, stattdessen liegt es schlafend auf Steves blasser, haarloser Brust. Beide seufzen auf rührende Weise im Schlaf. Steve muss ihr den Kleinen abgenommen haben. Was für ein wunderbarer Mann. Sie macht sich daran, in der Dunkelheit die Sachen ihrer kleinen Familie zusammenzupacken. Viel ist es nicht.
Im Auto riecht es immer noch nach Fäkalien, aber vom Rückspiegel baumelt ein neuer Wunderbaum mit Vanillearoma. Die Geruchsmelange ist kaum zu ertragen. Sie lässt den Motor an, reisst die Türen auf und dreht die Heizung auf die höchste Stufe. Dann sieht sie, dass der Tankanzeiger sich deprimierend nah an den roten Bereich angenähert hat, und sie weiss, dass sie auch wieder mit einem fast leeren Tank in Madison ankommen werden, selbst wenn sie nun in Eagle River volltanken. Und das erscheint ihr wie eine ziemlich passende Metapher für ihre Ehe, um nicht zu sagen für ihr ganzes Leben. Vorsorglich holt sie ein wenig Nachschub aus der Windeltasche, den sie möglicherweise an diesem Vormittag benötigen wird, stopft die Tasche dann unter einen Stapel anderen Gepäcks und bedeckt das Ganze dann noch mit Autokarten und Decken und was sie sonst noch so in die Finger bekommt. Sie setzt sich kurz auf den Fahrersitz, hält die Hände vor die Belüftungsschlitze, wärmt ihre Handflächen auf und starrt nach oben, zu den Sternen hinauf. Hier oben scheint sich in ihnen ein Universum zu spiegeln, das leuchtet und tanzt und fliegt, in blauen und weissen und blassroten Farben – ein ganz anderer Himmel als der, der sich über Madison und seinen beiden algenverseuchten Seen auftürmt. Die Digitaluhr im Mazda zeigt 5:44 an. Knute wird bald aufwachen. Sie schaltet den Motor aus, lässt die Schlüssel wie ein silbernes Glockenspiel baumeln und geht ins Haus zurück.
Es ist still. Sie hat Hunger, aber sie kann sich nicht überwinden, Knutes Sachen zu essen. Auch müsste sie eigentlich dringend ihren Darm entleeren, kann sich jedoch unmöglich vorstellen, sich noch einmal auf diese Toilette zu setzen. Sie hat Durst, aber in diesem Moment möchte sie nichts anderes als Wasser aus einer sauberen Plastikflasche trinken, eine Flasche, die sie sich in einer Tankstelle gekauft hat. Sie geht auf Zehenspitzen die Treppe hoch, betritt das Schlafzimmer und starrt ihre beiden Männer an. Dann fällt ihr Knutes Unterwäsche im Keller ein. Sie schleicht wieder die Treppe hinunter, auf leisen Pfoten, wie eine Katze, bis hinunter in die im Keller herrschende Finsternis.
Einen Augenblick lang steht sie reglos da und denkt über das Geld nach, über ihren Diebstahl und wie leicht er ihr gefallen ist. Wie leicht ein Mensch sich dazu verleiten lassen kann, einen anderen zu berauben, wie leicht er zum Dieb werden kann. Sie hat nie etwas von ihren Eltern gestohlen, nie auch nur einen Fünfdollarschein aus der Brieftasche ihres Vaters entwendet oder einen Zehner aus dem Portemonnaie ihrer Mutter. Hat niemals – auch nicht in der Oberstufe – in der Tankstelle ein paar Süssigkeiten in der Hand verschwinden lassen. Sie legt die Arme um den Korb mit der gefalteten Unterwäsche, steigt ein letztes Mal die Stufen hinauf, husch, husch, husch, zurück in die stickigwarme Luft des oberen Stockwerks, und stellt den Korb an die hintere Wand des Badezimmers. Dann geht sie wieder in ihr Schlafzimmer, packt Steve sanft am Oberarm, rüttelt ihn wach und sieht zu, wie ihr Mann aus dem Schlaf auftaucht und sich dann seine Kleider anzieht. Wie durch ein Wunder schläft Bryce weiter, während sie die noch verbleibenden Sachen zusammenpacken und das Bett machen.
Im nächsten Moment ist draussen vor ihrer Tür das Geräusch schwieliger Füsse zu hören, die über die Bodendielen schlurfen. Sie stellt sich seine gelben Zehennägel vor, stellt sich vor, wie er das Badezimmer betritt.
Sein Schrei droht das Haus in zwei Teile zu zerspalten, das Dach aus seiner Verankerung zu reissen, die Treppen zu zersägen und mit seinem Dröhnen das Fundament in Stücke zu sprengen. Der alte Mann schreit, und sie kann hören, wie der Spiegel zerspringt.
«Was um Himmels willen…» Steve drängt sich brüsk an ihr vorbei in den Flur, hämmert an die Badezimmertür und ruft «Opa, Opa, ist alles in Ordnung? Lass mich rein! Was ist passiert?»
Mehr Geschrei, so furchtbar unerträglich laut. Bryce hat wieder angefangen zu brüllen und seine Augen sind riesig und tränennass in dem dunklen Zimmer, das einzig von einem schmalen Lichtschein erhellt wird, der kraftlos auf das Bett fällt. Es ist ihr jetzt egal, in was für einem Zustand sie das Zimmer zurücklässt, sie greift sich nur noch die restlichen Taschen, rennt die Treppe hinunter und hört, wie der alte Mann kreischt: «Mein Eimer! Diese Hexe hat meinen Eimer genommen! Diese Hexe!»
Und jetzt hastet auch Steve die Treppe hinunter und das Baby liegt in ihren Armen und schreit und dann springt der Motor des Autos an, seine roten Bremslichter tauchen den frühen Morgen in ein teuflisches Licht, und dort ist Steve, der sich in den Fahrersitz schleudert, das Auto in den Rückwärtsgang schaltet und losfährt, und Megan, die über die Lehne des Sitzes zurückschaut, der immer noch nach Scheisse stinkt, sieht, wie Knute ihnen hinterherjagt, nackt und bleich wie der Schnee, ein Paar saubere Unterhosen in seiner Faust zusammengeknüllt, sieht, wie aus seinem Gesicht unablässig Schimpfwörter und Spucke hervorsprudeln, und dann ist er fort, ist hinter ihnen, ist unsichtbar, und sie sind beide ausser Atem, und ohne nachzudenken, gibt sie Bryce ihre Brust, der sie sich mit einem grollenden Schluchzen nimmt, und ihr Mann beginnt, sich hinter dem kleinen Lenkrad vor- und zurückzuwiegen und zwischendurch mit der Faust darauf einzuhämmern, so dass es tragisch klingende, hohe Signaltöne in die Nacht hinausschickt, und so fahren sie, den ganzen Weg bis nach Eagle River, voller Grauen vor dem, was sie zurückgelassen haben, und in der Wickeltasche liegt die Kamera ohne ein einziges neues Bild.
Nickolas Butler
ist US-amerikanischer Schriftsteller. Zuletzt von ihm auf Deutsch erschienen: «Die Herzen der Männer» (Klett-Cotta, 2018). Die hier vorliegende Kurzgeschichte erscheint erstmals und exklusiv in dieser Zeitschrift.
Dorothee Merkel
ist literarische Übersetzerin. Unter anderem überträgt sie Nickolas Butlers Werke ins Deutsche. Merkel lebt in Köln.
Stefan Vecsey
ist ein Schweizer Illustrator. Er lebt in Hamburg.