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Ernst Burren: «I däm Auter no nes Gschleipf»

Ernst Burren:
«I däm Auter no nes Gschleipf»

  

Was im Dorf geschehe, meinte der andere Solothurner Schriftsteller von Weltrang, Gerhard Meier, geschehe in der Welt, und was in der Welt geschehe, geschehe im Dorf. Einzig das Ausmass sei nicht dasselbe. Ob Ernst Burren, gemessen an seiner Literatur, ein Weltbürger oder ein Provinzler ist, wird damit schnell beantwortet; er hat, um es mit Gerhard Meiers Worten auszudrücken, «den Dienstweg eingehalten»: ein Provinzler, der (literarischer) Weltbürger ist.

Die Gewöhnlichkeit der unterschiedlichen Leben, die Ernst Burren in knappen Skizzen in seiner Leberberger Mundart nachzeichnet, hat auf den ersten Blick wenig Weltläufigkeit und ist trotzdem von erschütternder Grösse. Nicht nur kann die Gewöhnlichkeit der beschriebenen Ereignisse unsere Fantasie übersteigen, auch dank seiner Sprachkunst wird sie grösser als manche grossliterarische Imagination. Besonders dann, wenn sie das Menschliche zum Klingen bringt, das sonst unhörbar wäre, und uns im Innersten rührt.

Es sind nicht die grossen Gesten, das Pathos der Worte, sondern die kleinen Dinge des Alltags, aus denen Ernst Burren Sätze wachsen lässt, die einen «erchlüpfen». Etwa wenn der Bruder der seit Jahren verschollenen Claudia sagt, er würde ihren Hund, den er in Obhut hat, nicht mehr zurückgeben, selbst wenn sie zurückkäme: «… ou wenn dr Blessi nume e hung isch / ou emene hung louft me / nid eifach grundlos drvo.» Es sind Sätze, die einfach erzählen und trotzdem mehr sind als nur das Abbild des Gesagten; und selbst da, wo Burren zum politischen Autor wird und über Themen wie Demenz, Sterbehilfe oder die heutige Schule schreibt, belehrt er nicht. Auch dann nicht, wenn er den Lehrplan 21 zum Grund erhebt, weswegen sich ein Lehrer «vorzitig lo pangsioniere» will, nachdem ihm ein Schüler frech vorwirft, «stinkig druff» zu sein.

Burrens knapp gesetzte Worte lassen Welten in uns entstehen von einer Grösse, die erschüttert – denn wir erkennen darin unsere eigene kleine Welt, die wir alle aushalten müssen. Die Welt, in der «d frou und i vo üsne chline löhnli läbe… Aber ebe es isch haut ned / jede mönsch gliich.»

Der Autor schafft mit seinen Beobach­tungen, der seiner Sprache innewohnenden Poesie des Alltags, dass wir uns alle ein wenig gleich fühlen; gleich verloren vor dieser Welt, aber solange es Erzähler von der Grösse eines Ernst Burren gibt, auch geborgen – gerade in seiner warmen Solothurner Mundart.

Ernst Burren: I däm Auter no nes Gschleipf. Muri bei Bern: Cosmos, 2018. 

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