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Daniel Mezger, zvg.

«Herr Mezger, kann man das Schreiben lernen?»

Nein. Kann man nicht. Anders ist das in anderen Künsten. Schauspieler beispielsweise kann jeder werden. Auf den Schulen geht es nur darum, die komplette Persönlichkeit zu entfernen, bis ein leerer Mensch bleibt. Dem kann man fortan jede Rolle überstülpen.

Oder Klavier: da braucht es bloss eine russische Lehrerin, die einem mit dem Stock so lange auf die Finger haut, bis diese von selbst die richtigen Tasten finden.

In der Malerei bringt ein Grossmeister den Kunsteleven bei, exakt so zu malen wie er. Später lernen sie, diesen Stil zu überwinden und dass es in Ordnung ist, dass sie mit den eigenen Werken etwas niedrigere Millionenbeträge erzielen.

Schreiben ist anders. Schreiben lernt man nicht. Jeder Schriftsteller hat dieses eine, einschneidende Erweckungserlebnis. Den Moment, da der göttliche Funke auf ihn überspringt. Ich zum Beispiel, ich war auf der Alpwiese, tränkte gerade Kühe, als in mir plötzlich dieses Gedicht auftauchte. Ich liess Kühe und Alpwiese stehen, rannte ins Tal, um es so schnell wie möglich (sechs Stunden Abstieg) zu notieren.

Das Wichtigste für einen Schriftsteller ist, sich komplett von der Welt abzunabeln. Deswegen all die Aufenthaltsstipendien an WLAN-freien Waldrändern. Nur ein Autor, der sich gänzlich frei macht von Einflüssen, Lehrmeinungen und Literaturbetrieb, kann seinen genuin genialischen Kern entfalten. Darum war Kafka der Grösste. Er hat in seinem Leben niemals etwas mit Literatur gemacht, keine Schule, keine Lesungen, kein Austausch. Er hat heimlich geschrieben und später alles verbrannt.

So muss man es machen.

Vor Albträumen ist man dennoch nicht gefeit. Man träumt von seinen Lesern, die als Schreiblehrer getarnt die Pulte abschreiten, die auf Sätze zeigen, die schreien: Das ist aber nicht nach Lehrbuch! Was sollen all die Adjektive?! Wieso so viele Ausrufezeichen?!! Dann schreckt man auf, legt noch ein Holzscheit nach, zieht die Wolldecke eng um und die Hermes Baby zu sich, tippt weiter an dem Werk, das nie einer lesen soll. Das Schlimmste, was man Schreibern antun kann, ist Feedback. Self-Publishing ist der Weg für jeden, der ernsthaft schreibt.

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