«Kleinfamilie im Gartenglück!»
Von Monogamie und Unkraut.
Meine Freundin schaut verschmitzt, umzingelt von gelb blühenden Sträuchern zu ihrer Rechten und wucherndem Unkraut im Gartenbeet zu ihrer Linken. Ich sitze ihr gegenüber: das Mitglied einer sogenannten Kleinfamilie in einem Genossenschaftsprojekt. Neben mir stapeln sich Bücher übers Gärtnern, und zuoberst liegt «Der grosse Garten», der erste Roman von Lola Randl (Matthes und Seitz, 2019). Darin schreibt die deutsche Autorin und Filmemacherin in kurzen Einzeltexten (die gemeinsam ein Ganzes ergeben) über ihr Tun und Lassen in der ländlichen Uckermark, wo sie seit zehn Jahren lebt – gemeinsam mit ihren zwei Kindern und ihren zwei Männern. Kurz gesagt: es geht um Permakultur, Paarung, Partnerschaft.
Ich blinzle in die Sonne, dann lese ich folgenden Satz vor: «Monogamie bezeichnet bei Mensch und Tier eine lebenslange Fortpflanzungsgemeinschaft. Dabei macht das fast kein Tier so. (…) Bei Pflanzen ist das sowieso überhaupt kein Thema.»
«Und welche Pflanze bist du?», fragt meine Freundin.
«Eine Silberdistel», antworte ich, ohne zu überlegen. Aber ist der wichtigste Aspekt der Monogamie beim Menschen nicht vielmehr die Beschränkung auf einen Menschen in Sachen Liebesbeziehung als in Sachen Fortpflanzung? Ob man bei diesem Thema Mensch, Tier und Pflanze tatsächlich in einen Topf werfen kann? Ich beobachte, wie mein Sohn in seinen weichen Fussball kickt und die jungen Salate trifft. Er schüttelt den Kopf. Ich auch.
Randl verwebt in ihren Texten die Biene, die Pastinake, ihre Familie und vieles mehr auf sanfte, humorvolle und fast naive Weise. In dieser Form ist Monogamie nichts, was nicht ebenfalls in Verbindung gesetzt werden könnte mit den diversen in der Natur auftretenden Arten des Zusammenlebens. Implizit fragt Randl: Wieso beschränkt sich der Mensch in der eige-nen Entfaltung so stark?
Mein Sohn holt den Fussball aus dem Beet. Auch ich werde bald mit zwei Kindern leben, habe zwei Männer an meiner Seite. Und so beschäftigen mich wie Lola Randl: Pflanzensamen, Paarverhalten, Liebe.
«Morgen sollte ich mich endlich genossenschaftlich zeigen», sage ich zu meiner Freundin, «und Unkraut jäten.»