Wir brauchen Ihre Unterstützung — Jetzt Mitglied werden! Weitere Infos
Lorenz Stäger: «Der Kammerdiener»

Lorenz Stäger:
«Der Kammerdiener»

 

«Blut, Mühsal, Tränen und Schweiss», mit diesen Worten und aufrichtigem Realismus stimmte Sir Winston Churchill am 13. Mai 1940 das britische Unterhaus auf die langen dunklen Jahre des Zweiten Weltkriegs ein. Im kollektiven Gedächtnis blieb jedoch hängen: «Blut, Schweiss und Tränen.» Dieses Zitat stammt mitnichten von Churchill, sondern von der weisen Grossmutter Hansi Keuschs aus Villmergen. Erforscht wurde diese Etymologie vom erfolgreichen Aargauer Autor und Altphilologen Lorenz Stäger. In seinem neuen, historisch wertlosen Werk «Der Kammerdiener» sucht er die Spur eines Hundertjährigen, der aus dem Fenster stieg und verschwand, kriegt aber den Rollladen nicht auf. In einer süsslichen Episodenfolge erzählt Stäger vom patenten Kerlchen, das sich halb hochdient, die Welt bereist und währenddessen mit Hinz und Kunz aus dem historischen VIP-Bereich seiner Zeit ein paar Worte wechselt. Während Jonas Jonassons «Hundertjähriger» eine leicht zu durchschauende Burleske vor historischer Tapete war, beansprucht Stäger einen biographischen Kern für seinen Kammerdiener Keusch und fabuliert mit warmen Worten diverse Umstände oder Ereignisse hinzu. Dieser Lebenslauf ist ein bisschen wahr, ein bisschen falsch, ein bisschen Fakt, ein bisschen Spass, ein bisschen Fernweh führt hinaus in die Welt, ein bisschen Heimatliebe wieder zurück ins «Rössli» im Heimatdorf, das Ganze wird ein bisschen in Parataxe, ein bisschen in schlichten Nebensätzen erzählt. Gleichbleibend liebevoll ist dagegen der Erzählton, immer fröhlich beschwingt, allem Personal zugeneigt, mit sanftmütigem Humor geölt – während der Lektüre wird sich der Leser allerdings immer sicherer, dass es beim nächsten Umblättern passiert: Jetzt ist es so weit. Jetzt werden die Heizdecken angeboten.

Lorenz Stäger: Der Kammerdiener. Bern: Lokwort, 2015.

»
Abonnieren Sie unsere
kostenlosen Newsletter!