TREIBHAUS: Gewinnertext
Lyrik 2018
Marianna Lanz gewann mit diesen Gedichten den TREIBHAUS-Lyrikwettbewerb 2018 am 30. Mai im Zürcher «Kaufleuten».
hasen
einer schiebt sein klavier in die nacht und
kehrt nicht wieder
wir fallen durch netze und treiben im meer
schweigen bahnhöfe und lachen uns tot
schaf müsste man sein oder wolf oder hai
sind wir aber nicht
wir sind vögel die singen und hasen die
fliehn
flut
die flut ist schon im flur wir schwimmen ins zimmer
dort schlafen wir und unten schiffen sie leichen aus
jetzt treiben auch wir auf ein paar brettern im
meer die kälte weicht nicht der sturm frisst das
boot wer fällt ist verloren
pelz
schatten schlucken ihn wolken
fressen ihn bis er unsichtbar ist
er wird schneemann und schon
wächst ihm ein pelz anderswo
wäre er ein anderer
hier wächst ihm ein pelz und
er wünscht sich nichts als
nacht die fällt
jeder ist allein rettet nur seine
haut verloren unter himmeln
nur manchmal ist es anders dann
werden wir eins mit uns selbst ein
einziger klang töne wellen
dann sind wir eins wie das meer
wie die sterne sonnenmoleküle
käpt’n
der käpt’n hängt in der
kajüte und kotzt
der kahn schlingert
wir fliegen backbord
fischen plastik aus
dem netz
haben keine ahnung
von knoten und tau
und müssen eine
insel finden
meer
meer
aus
beinen
brüsten
lippen
meer
aus
algen
plastik
kippen
meer
aus
schirmen
stühlen
wippen
meer
aus
wolken
himmeln
land
meer
aus
wellen
sonnen
sand
meer
sommerhaut
der himmel schwimmt ins meer und
wir schwimmen in den himmel
bis kein land mehr ist nur himmel und
wind der das wasser streichelt bis es
kraus ist
wir schwimmen bis wir schwimmhäute
kriegen sommerhaut bis wir fische sind
mit regenbogenhaut
ozeanisch
das licht im meer
nicht auszuschöpfen
schon gar nicht mit
händen
keine steine nur sand
und der fruchtige duft
des meeres das zu uns
hinkriecht
die endlosen weiten in denen
wir uns verlaufen
nester in denen wir schlafen
traumlos wer muss da noch
träumen
zeit die uns durch
die finger rinnt
der atem des meeres
das rauschen der meere
der regen ozeanisch
und abends die sterne
melonen
melonen
prall
jeder kern eine
ahnung
das tuch ins
leck
eine art
vermehrung
gold
licht tropft von den bäumen von den
büschen in die hintersten winkel
heute beute gemacht die netze weit
zum himmel die fliegenden fische
irgendwo lacht ein kind
einer leckt sich die finger
und spült seinen mund
gold fliesst in kehlen in flaschen
rinnt in die nacht die sich legt
felle
palmen klappern im wind
wellen fressen die kämme
wir sind an land aber
feuer gibts keins
wir sitzen am ofen und
träumen von fettecken
vom goldenen vlies
legen uns felle um
das haus fensterlos
das meer nie stumm
der letzte gast
allein am meer gestrandet
allein mit wellen und licht
sand in den augen
salz auf der haut
die dunklen
gerippe am strand
ein schuh
eine flasche
ohne nachricht
der wind
eine kiste voller sand
eine kiste voller sand und
liebe aus anderen ländern
erinnerungen und all die
die himmel
jetzt ist es aus mit türkis jetzt
sind die flüsse dunkel
und wir schwimmen durch den
regen durch die nacht