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Christian Saehrendt:
«Die radikale Absenz des Ronny Läpplinger»

 

Kunstsammler aller Länder, vereinigt euch! Wir, die wir Kunstwerte noch zu schätzen wissen, müssen unsere heiligen Hallen verteidigen gegen den allerorts eindringenden Pöbel. Statt weiterhin artig die Postkartenständer der Museumsshops zu drehen, einen Caffè Latte im Bistro zu trinken und ansonsten die ungewaschenen Finger von unseren Geldanlagen zu lassen, wird dieses Lumpenproletariat immer dreister, mischt sich in unsere Geschäfte ein und ruiniert die Exklusivität des Marktes. Diese Schmuddelkinder, die Neo Rauch für Nikotinpflaster halten, zu einer Vernissage kommen, um Damenunterwäsche zu sehen, und bei einer Installation an WC-Siphons denken, werden von Christian Saehrendt aufgehetzt, der erneut ein Pamphlet der Kunstproletarier von seinem Heim am Thuner See in die Welt hinausschickt.

Hohn und Spott sind wir gewohnt, aber eine solche Polemik geht zu weit. Hier wird mit Klischeebildern und simplem Sprachgestus unsere geliebte hochpreisige Kunst in den Schmutz gezogen, hier werden Werte vernichtet, hier schrumpft unser teuer erschlichenes Vermögen! Läpplingers Selbstporträts wären vor kurzem noch ein gewinnträchtiger Geheimtip gewesen, nun wird dieser rechtschaffene Künstler vor aller Welt als sexgeiler, rudimentär talentierter Hinterhausterrorist verunglimpft. Ebenso ramponiert wird die in Millionärskreisen so hoffnungsvoll erwartete Sammlung «Mythos Mortadella» im Fleischerei-Museum Böblingen, die nun zur Freakshow für Fiat-Fahrer und Bustouristen verkommt. Saehrendt zerstört mit gehässigem Sarkasmus und bedient so einen schlichten Publikumsgeschmack, dem der Sinn nach maximaler Verwüstung steht.

Sehen wir den Tatsachen ins Auge: wenn unser ehrbares Geschäft und unser Rohstoff – die Kunst – weiterhin derart schamlos verleumdet werden, wenn Hinz und Kunz glauben, ihren Sermon dazu abgeben zu dürfen, liebe Brüder, Schwestern und Anteilseigner, verliert unser Geschäft das Fundament, dann können wir unser Gemälde auch ungerahmt auf einem Flohmarkt verhökern. Wehrt euch! Jetzt erst recht. Wir lassen uns von einem hastig getippten und teilweise albernen Pamphlet nicht beirren. Kauft Läpplinger! Kauft Mortadella!

Christian Saehrendt: Die radikale Absenz des Ronny Läpplinger. Zürich: Walde & Graf, 2011.

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