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Text trifft Ton I

Die Schriftstellerin Julia von Lucadou und der Elektromusiker Thom Nagy kannten sich nicht. Dann schlug man ihnen vor, miteinander aufzutreten. Was passierte in der Verschmelzung von Text und Musik?

Lieber Thom, wir kennen uns nicht − ich frage trotzdem auf dem weg nach: sag, hättest du lust / könntest du dir vorstellen, live zusammen mit literatur zu performen?»

Als ich im April diese Nachricht von einer unbekannten Nummer auf dem Handy hatte, sass ich im Studio, drückte auf den Knöpfen herum, aber spürte keine Magic. Natürlich antwortete ich mit einem enthusiastischen «Ja, das kann ich mir sehr gut vorstellen».

Die Nummer gehörte Marion Regenscheit vom Festival BuchBasel. Ihre Idee: eine Carte blanche für mich und Julia von Lucadou, die im Sommer ihren Debütroman veröffentlichen würde. Ohne eine konkrete Vorstellung wollte sie uns zwei gemeinsam auf eine Bühne bringen und schauen, was dann passiert.

Dazu, wie unsere Performance aussehen könnte, hatte auch ich keine Vision, als Julia und ich uns ein paar Monate später zum ersten Mal persönlich trafen. Aber ihr Buch hatte Bilder in meinem Kopf gemalt, von einer kühl glänzenden, unendlich weiten Stadt, in der ihre Protagonistin mit der Welt hadert. Darauf basierend wählte ich Soundfragmente aus, Effekte, Klanglandschaften, neue und alte Tracks aus meiner Diskographie. Ich spielte sie ihr vor und sie las die ihr wichtigsten Textpassagen. Da dachte ich: Das könnte etwas werden. Aus der Verflechtung der beiden Elemente konkretisierte sich ein Gefühl von Weite, Melancholie, Zweifel, Verlorenheit, Hoffnung, das sich schon immer durch meine Musik zieht, aber in den instrumentalen Arrangements für gewöhnlich nur sehr implizit mitschwingt und selbst für mich nur schwer zu greifen ist.

In den Text eingebettet, zusammengehalten durch Julias Stimme, entwickelten meine Tracks eine neue Dramaturgie. In Verbindung mit Julias Sprache entfaltet meine Klangwelt eine neue Wirkung. In diesem Kontext und weit weg vom Dancefloor lässt sich das Publikum auf ganz andere Weise darauf ein und hört zu, wie es im Club nur in seltenen Fällen vorkommt. Ich hatte vorher noch nie wirklich darüber nachgedacht – aber ich glaube, auf diese Weise würde ich gerne Konzerte geben.

Wie Julia von Lucadou das Aufeinanderprallen von Literatur und Musik in der Kollaboration mit Thom Nagy erlebt hat, lesen Sie hier.

 

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Stefan Bachmann, fotografiert von Maurice Haas / Diogenes Verlag.
Charlotte Brontë und das Nichts

Sein Debüt wurde in den USA ein Riesenerfolg, da war er gerade 20 Jahre alt. Weniger bekannt ist: Fantasy-Autor Stefan Bachmann ist auch ausgebildeter Musiker. Aber wie kommt jemand überhaupt auf die Idee, zu schreiben oder Musik zu machen?

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