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Alfonso Hophan: «Schuld – ein Geständnis»

Alfonso Hophan:
«Schuld – ein Geständnis»

 

Ein alter, sterbenskranker Mann sucht auf dem Spitalbett Vergebung für einen Mord. Ein Pendler versucht, die Ursache für einen Selbstmord herauszufinden. Und schliesslich ist da noch der alternde Provinzpolizist, der in der Suche nach dem Schuldigen eines Tötungsdelikts den grössten Fall seiner Karriere wittert. Alle drei Geschichten werden auf den 350 Seiten von Alfonso Hophans neuem Buch «Schuld – ein Geständnis» erzählt. Die Handlungen sind nicht direkt miteinander verknüpft, teilen sich aber Fragen von Schuld und Unschuld als Leitmotiv: stets ist der Ausgangspunkt der Tod einer Person unter ungeklärten Umständen. Um eines vorwegzunehmen: ja, der Autor studiert Jura, und, ja, er lässt es uns auch wissen.

Hophan nimmt sich verdammt viel vor: Rechtswissenschaft, Erzähl- und Gattungsstudien, Religion und Geschichte will er unter einen Hut bringen. Durch dieses Pflichtenheft kommen abgründige Figuren, überraschende Plots und die Ironie zu kurz. Zwar gibt es seitenweise redliche Bemühungen, den Lesern das Innere der Hauptfiguren näherzubringen – vom suizidalen Autor Alexander Frosch zum Beispiel liegt ein Tagebuch vor, das seinen Kampf gegen Schreibblockaden (er «verKANTet» sich gelegentlich), sein Hadern mit ignoranten Freunden und mit seiner missbilligenden Mutter zeigt. Aber, auch das vorweg: dadurch gewinnt der Roman einfach nicht genug Tiefe. Frosch bleibt, wie die anderen Figuren, ein Stereotyp, ein verkörpertes Klischee vom frustrierten Schreiberling. Die Figurenhandlungen sind, wie die Plots, zu durchschaubar. Der entscheidende Schritt über das Klischee hinaus, hin zur literarischen Karikatur, unterbleibt. Auch der andere Versuch, den Texten mehr Gehalt zu verleihen, indem sie durch ein Vexierspiel zwischen «Herausgeber», «Verfasser», «Autor» und «Erzähler», wie wir es von E.T.A. Hoffmann oder Jean Paul kennen, verschachtelt werden, bleibt erfolglos. Die Vielfalt an Medien und an Erzählmodi wird strapaziert, bis es irgendwann beliebig anmutet und keinen weiteren Effekt erzielt. Weniger formale Spielereien wären mehr gewesen.

Was man Hophan lassen muss: er begibt sich – sehenden Auges, wie wir hoffen wollen! – in gefährliche Gefilde: Man denke nur an Grössen wie Dostojewski oder Dürrenmatt, die ebenfalls über Schuld und obskure Kriminalfälle geschrieben haben. Von den «Causes célèbres» eines de Pitaval oder Schillers Bearbeitungen desselben ganz zu schweigen. Klar, der Vergleich ist unfair. Aber auch ohne ihn drängt sich der Eindruck auf, man habe es eher mit einem Lehrbuch zu tun als mit einem Kriminalfall.

Alfonso Hophan: Schuld – ein Geständnis. Zürich: Salis, 2017.

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