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Editorial

Das Buch ist ein besonderes Gut!

Die Zukunft des Buches beschäftigt nicht nur Verlage, Autoren und Leser, sondern auch die Politik. Kürzlich hat sie die Wiedereinführung der Buchpreisbindung beschlossen. Ab Januar 2012, so die offizielle Rhetorik, könne sich der Leser wieder darauf konzentrieren, nicht Preise, sondern Inhalte zu vergleichen. Der Staat sorgt wieder dafür, dass staubigschöne Lesezimmer und pfeiferauchende Antiquare nicht der klimatisierten Welt der Paperbackbüchertische weichen. Denn vor diesen stehen keine Leser, sondern Kunden, die Long John Silver für einen Pornodarsteller halten.

Wie lautet die offizielle Begründung für den Eingriff? Das Buch sei – anders als die Kartoffel oder das Auto – ein bedrohtes «Kulturgut». Und deshalb schützenswert. Was viele nicht wissen: die Jahre ohne Preisbindung hat der Schweizer Buchmarkt trotz Rezession gut überstanden. Melinda Nadj Abonji hat zwei bedeutende Buchpreise gewonnen – und ihren Roman bestens verkauft. Junge Verlage und Autoren präsentieren vielversprechende Titel. Verleger können «Kindle» sagen, ohne rot zu werden. Das Abendland ist also nicht untergegangen.

Diese Eindrücke lassen sich leider kaum mit Zahlen belegen, denn seit 2005 existieren für den Schweizer Buchmarkt nur noch unzureichende Vergleichsdaten. Das macht es auch den Initianten des laufenden Referendums schwer: sie können gegen die Emotionalisierung der Debatte noch keine Fakten ins Feld führen, die die Buchpreisbindung als das entlarven, was sie ist: eine ökonomische Scheinlösung in Form strukturkonservativer Planspiele.

Wir machen diese Beilage, weil wir wissen: das Buch ist ein besonderes Gut. Es ist selbst dann eins, wenn – sagen wir – Dieter Bohlen es geschrieben hat. Es ist so lange eins, wie es geachtet, geschätzt und gekauft wird. Wer aber glaubt, die Reputation des Buches zu verbessern, indem man es wie einen bemitleidenswerten Pandabären ins Schutzgebiet steckt, muss damit rechnen, dass davon nicht viel übrig bleibt. Doch: Nostalgie! Die aber holt unsere Realität erfahrungsgemäss schneller ein als der Erlkönig das Kind.

Literaturoptimistische Grüsse!

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