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«Herr Mezger, können Sie davon leben?»

«Herr Mezger, können Sie davon leben?»

Seit ein paar Jahren überprüft die Steuerbehörde jährlich aufs minutiöseste meine Steuererklärung, schraubt hier mal was runter, sortiert da mal was rüber und kann nicht recht glauben, dass ich davon leben kann. Gemeint ist das mickrige Ding da, das sich «mein Auskommen» nennt. Steuern zahle ich fast noch weniger als die Ammann-Group und allerhöchstens so viel wie Google. Aber anders als bei anderen Working Poor (wie der IKEA) liegt es nicht daran, dass ich die Rechte an meinem Namen an eine holländische Holding abgetreten habe, die mich via steuerbefreite liechtensteinische Stiftung heimlich bezahlt (ja, IKEA macht das so). Nein, ich lebe davon. Und das seit … schon immer. Ich lebe nicht nur davon, ich leiste mir sogar noch zwei Hobbies. Ein relativ günstiges (Musik) und ein relativ ungünstiges (Familie).

Viele meiner Kollegen hassen die Frage nach dem Einkommen. Sie wollen nach Lesungen weder bemitleidet werden, noch wollen sie über Fördersysteme reden, noch wollen sie aussprechen, was der Frager wohl gerade hören will: Dass es schon richtig war, dass er damals etwas Rechtes studiert habe.

Ich persönlich würde die Frage gern öfter hören. Aber lieber von Veranstaltern, Verlagen, Literaturzeitschriften und so weiter. Von dort heisst es dann eher: «Du weisst, wir können halt nicht mehr bezahlen …» Alles, einfach alles (ausser Lesungen vielleicht) an diesem Beruf wird miserabelst bezahlt. Ein paar Beispiele? Die paar Prozent pro verkauftes Buch (alles unter dem Bestseller rechnet sich niemals), die lächerlichen Uraufführungspauschalen für Theaterstücke (als schriebe man so eins in drei Wochen), der Umstand, dass ich dasselbe verdiene, egal ob jemand mein Buch illegal im Netz runterlädt oder es legal in der Bibliothek ausleiht (ja, erraten, in beiden Fällen CHF 0.00!). Aber solange klar ist, dass man davon eigentlich nicht leben kann, gibt es auch eigentlich keinen Anlass, da was zu ändern. Und so lange lebe ich weiter davon.

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