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Maya Onken: «Nestkälte»

Maya Onken:
«Nestkälte»

 

Wer Maya Onken bei YouTube sucht, der stösst auf ein Video, in dem die Autorin Frauen in schlechtsitzenden Hosen auf einer Bühne eine Tanz-Choreographie beibringt. Die Damen sollen, so Onken, ins Publikum zeigen und selbstbewusst rufen: «Du da, die du da bist im Spiegel, und ich, wir sind wunderschön!» Dazu wird dann «frivol» mit den Hüften gewackelt. Maya Onken ist gut darin. Sie legt ihre Hände an die Hüfte, geht in die Knie und schwingt ihr Becken, hin und her, hin und her, her und hin. Die Frauen hinter ihr tun es Onken gleich, wenn auch ungleich weniger gelenk – weswegen das alles so richtig zum Heulen aussieht.

Powerfrau Maya Onken gibt aber nicht nur engagierte Tanztips, sie schreibt in ähnlich ambitionierter Art auch Bücher. In «Nestkälte. Vom Lügen, Betrügen und Verzeihen», der Fortsetzung ihres Bestsellers «Heissssss… eine Lustreise zur Sexgöttin», bleibt sie dem YouTube-Schema treu: Maya posaunt, frau absorbiert – und ist stolz, dass sie sich auch mal was traut. Das kann nicht gut enden.

Im neuen Wurf der Autorin geht es um die Journalistin Alé, die nach einem misslungenen Sexabenteuer in Stockholm wieder zuhause ist und sich langweilt. Die Beziehung zu ihrem Mann ist ermüdend und so trifft sich die Protagonistin ein halbes Buch lang mit verschiedenen Freundinnen zum metapherreichen Seelenstriptease, um dann in der zweiten Hälfte des Buches noch ein Beziehungs-Coaching zu besuchen. Hier lässt Maya Onken, selbst «Coach», die lästigen Metaphern (der «Beziehungstsunami», das «Feen-Nest» namens Familie, die «tiefgekühlte Libido», die «Emotionswüste», «Winnetou und das Tal der Beine» und der «Cowboy mit den Emotionslassos» usw.) für einmal weg und liefert ein paar rentable Beobachtungen zu Partnerschaft und Beziehungsarbeit.

Der Rest? Altbackene Geschichten: die verheiratete Bekannte und der junge Gärtner, die Bekannte und der junge Partyhengst, die Schwester und der junge Ausländer usw. usf. Diese Überdosis an Plattitüden ist nicht unverblümt und sexy, sondern nur ermüdend. Adressiert ist das Ganze wohl an eben jene Frauen, denen Onken dazumal den frivolen Hüftschwung beibringen wollte. Ihnen aber mit einem Buch zu kommen, das von der «Doppelhure» bis zum «Schwanzlutschen» keine plumpe Obszönität auslässt, scheint dann doch etwas albern. Genauso albern ist es, «Nestkälte» als feministisches Buch zu bezeichnen – wie andernorts geschehen –, da sich doch alle weiblichen Figuren darin einzig über ihre Beziehungen zu Männern definieren. Sätze wie «Er öffnet nicht nur meine Vagina, sondern auch mein Herz» – das ist nicht mehr als «Baccara» vom Kiosk. Die Lektüre von «Nestkälte» ist deshalb in etwa so unangenehm wie die Begegnung mit einer alten Bekannten im Coop, die einem am Kühlregal ungefragt all ihre heissssssen Abenteuer erzählt: als es endlich zu Ende ist, rauscht sie davon, schwingt mit den Hüften. Und niemand schaut ihr nach.

Maya Onken: Nestkälte. Zürich: Xanthippe, 2013.

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