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Brief aus dem Tessin (otto)

Hier kommt man glücklich zur Welt, lebt man glücklich / besagen gleichsam der Fernblick, der fruchtbare / Boden, das ferne Meer, blumengeschmückt, wie es ist / mit Schiffen und Fischerbooten. / Und doch keimte an diesem herrlichen Ort / inmitten von so viel Lust / (…) / ein vergiftetes Kraut auf, das verachtet wucherte / […]

Hier kommt man glücklich zur Welt, lebt man glücklich / besagen gleichsam der Fernblick, der fruchtbare / Boden, das ferne Meer, blumengeschmückt, wie es ist / mit Schiffen und Fischerbooten. / Und doch keimte an diesem herrlichen Ort / inmitten von so viel Lust / (…) / ein vergiftetes Kraut auf, das verachtet wucherte / wie Brennnesseln in der Grube.» Massimo Gezzi (geboren 1976) unterrichtet am Gymnasium in Lugano und veröffentlichte vor einem knappen Jahr sein wunderbares Buch «Il numero dei vivi», für das er mit dem Schweizer Buchpreis ausgezeichnet wurde. Nun legt der Lyriker ein neues Werk mit einem Titel vor, der ein wenig an Pirandelli erinnert: «Uno di nessuno – Storia di Giovanni Antonelli, poeta» (Edizioni Casagrande, Bellinzona). Gezzi setzt sich darin mit dem umstrittenen Giovanni Antonelli auseinander, einem Untergegangenen, Besiegten, mit dem er den Herkunftsort Sant’Elpidio a Mare in den Marken gemein hat. Seine Gedichte sind voller Glück, klar, vielfältig, eindringlich, und in Prosa wären sie Italo Calvinos trockenem, präzisem, chirurgischem Schreiben ähnlich, in dem jedes Wort an seinem Platz ist. Ein wunderbares Buch.

Ebenfalls überzeugend: das neue Werk von Daniele Dell’Agnola, dessen Name im Panorama der jungen Tessiner Literatur inzwischen bekannt ist. Der 1976 geborene Dell’Agnola unterrichtet an der Scuola media (Sekundarstufe I) und an der Fachhochschule SUPSI in Locarno, wo er Kurse über das Erzählen gibt. «Anche i bruchi volano» erschien bei Gabriele Capelli Editore in Mendrisio und ist eine Mischung aus Jugend- und Erwachsenenroman. Es geht um die klassischen Adoleszenzthemen Identität, um die verzweifelte Suche nach einem schwer auffindbaren «Ich», um einen Lebensabschnitt, den alle Kinder – mehr oder weniger schmerzhaft – durchleben, wenn sie ins Teenageralter kommen. Ein ehrliches Buch, das allen gefallen wird, die gern Stefano Benni oder Roberto Piumini lesen.


Andrea Bianchetti
ist Dichter und arbeitet als Kritiker für RSI (Rete Due). Er ist auch Redaktor der Literaturzeitschrift «Cenobio» und lehrt Italienische Literatur an verschiedenen Tessiner Gymnasien.


Aus dem Italienischen übersetzt von Barbara Sauser.

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