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Gutenbergs Schamesröte

Lucien Leitess, Verleger des Unionsverlags, beschreibt im Vorwort seiner aktuellen Verlagsvorschau treffend das Dilemma der E-Book-Gestaltung: Mit der Gutenbergbibel aus dem Jahr 1452, so Leitess, sei es auf einen Schlag gelungen, alle guten Attribute der traditionellen Buchkunst in eine revolutionäre neue Technologie zu überführen. Ganz anders das aktuelle E-Book: auch nach tausenden veröffentlichten Titeln muss […]

Gutenbergs Schamesröte
photographiert von Michel Gilgen.

Lucien Leitess, Verleger des Unionsverlags, beschreibt im Vorwort seiner aktuellen Verlagsvorschau treffend das Dilemma der E-Book-Gestaltung: Mit der Gutenbergbibel aus dem Jahr 1452, so Leitess, sei es auf einen Schlag gelungen, alle guten Attribute der traditionellen Buchkunst in eine revolutionäre neue Technologie zu überführen. Ganz anders das aktuelle E-Book: auch nach tausenden veröffentlichten Titeln muss man feststellen, dass der Umgang mit der neuen Technologie weithin ein lieb- und gedankenloser Pfusch ist.

Leitess und sein Team tüfteln schon eine ganze Weile an ihrem eigenen E-Book-Modell. Sie wollen möglichst perfekte digitale Veröffentlichungen; den Konverter dazu kreieren sie denn auch gleich mit, damit Wissen und Produktionsmittel im eigenen Haus bleiben. Der Aufwand ist enorm, es fragt sich intuitiv, ob er sich, gerade für Kleinverlage, überhaupt lohnt. Der deutsche -E-Book-Award, 2014 zum ersten Mal vergeben, setzt immerhin einen lohnenden, positiven Anreiz zur digitalen Sorgfalt. Die Sieger vom letzten Jahr sind beeindruckende interaktive digitale Medien, pädagogisch wertvoll, -grafisch überwältigend oder charmant-verspielt. Es wurde allerdings kein E-Book ausgezeichnet, das nur aus Fliesstext besteht. Ist die hohe Kunst des klassischen Buchsatzes einfach nicht sexy genug für eine solche Auszeichnung?

Nun, die vielen Regeln der Typographie machen zwar einen Text auch digital gut lesbar, sind aber dem Leser oft ziemlich schnuppe. Im Gegensatz zu bewegten Bildern, interaktiven Grafiken oder Geschichten, die in mehreren Rollen durchgespielt werden können. -Während also im Unionsverlag bald E-Books erscheinen, die Gutenberg nicht die Schamesröte ins Gesicht treiben, sollte die Sorgfalt, mit der Leitess und sein Team dieses Ziel verfolgen, weit herum Schule machen. Denn: deformierte Buchstabenmonster, die nach einem tragischen Crash von schlechter Technologie und unwissenden -Abfüllern entstehen, gibt es schon genug.

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