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«Herr Mezger, ist das Buch nicht auch eines über die Schweiz?»

«Herr Mezger, ist das Buch nicht auch eines über die Schweiz?»

Als Schweizer Bürger, der auch schreibt, bin ich ja das, was man gerne einen Schweizer Schriftsteller nennt. Gerne mit Betonung auf Schweiz. Nie, aber auch gar nie mit Betonung auf Schriftsteller. Da hat dieser Schweizer Schriftsteller also so ein Buch geschrieben und da geht es unter anderem um gewisse Vorbehalte Fremden gegenüber. Nun darf man beobachten, wie gerne gewisse Leser (auch Journalisten) der Faustregel folgen: Ein Buch, ein Inhalt. Und je schneller das, was eigentlich gemeint ist mit diesem ganzen literarischen Geschwurbel, endlich gefunden ist, umso besser.

Und wenn es darin sogar noch um die Lage der Nation geht, dann ist das prima, dann klatscht man in die Hände. Denn seltsamerweise: wenn es mit der Schweiz zu tun hat, dann hat es nichts mit mir zu tun. Zum Beispiel Vorbehalte Fremden gegenüber. Wenn ich die bei mir entdecke, dann ist das eine beunruhigende Entdeckung. Wenn ich sie in der Schweiz entdecke, dann lese ich wahrscheinlich gerade Zeitung.

Es läge mir wohl kaum etwas ferner, als ein Buch zu schreiben, das eigentlich eine Parabel wäre, in der es um die Schweiz ginge. Die Schweiz als solche ist literarisch mässig spannend. Dass in der Schweiz aber alles und jedes die Vorsilbe «Schweizer-» braucht, weil man die Schweiz mit Vorliebe den Schweizern selbst verkauft, das wäre wohl mal einen Text wert. Wenn sie nun aber kommt, diese Leserfrage, dann freut es mich auch irgendwie. Denn erstens ist nun meine Meinung als Bürger gefragt und als solcher sage ich sehr gerne, was ich von der Schieflage der Nation gerade so denke. Und zweitens: diesen Aspekt meines Textes hatte ich beim Schreiben ja komplett ausgeblendet! Nun bin ich auf einmal – endlich – so ein politischer Schriftsteller. Aber ja doch, natürlich ist das ein Text über die Schweiz! Schliesslich bin ich ja ein Schweizer Schriftsteller. Und ein Schweizer Schriftsteller, der sich nicht mit der Schweiz als solcher beschäftigt, der ist irgendwie komisch. Irgendwie kein richtiger Schweizer Schriftsteller. Irgendwas anderes. Irgendwas wie: einfach ein, äh, Schriftsteller.

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