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Machenschaften

Es geschah vor einigen Wochen im «St. Galler Tagblatt»: Der Aluminium-Magnat Oleg Deripaska, einer der bedeutendsten noch aktiven russischen Oligarchen, wurde bei seinen Vorwürfen gegen die St. Galler Kantonalbank-Tochter Hyposwiss mit den Worten zitiert: «Alle diese Machenschaften wurden in der Schweiz abgewickelt.» Kurz zuvor hatte die «Neue Zürcher Zeitung» in einem Bericht über Urs Widmers […]

Es geschah vor einigen Wochen im «St. Galler Tagblatt»: Der Aluminium-Magnat Oleg Deripaska, einer der bedeutendsten noch aktiven russischen Oligarchen, wurde bei seinen Vorwürfen gegen die St. Galler Kantonalbank-Tochter Hyposwiss mit den Worten zitiert: «Alle diese Machenschaften wurden in der Schweiz abgewickelt.»

Kurz zuvor hatte die «Neue Zürcher Zeitung» in einem Bericht über Urs Widmers neues Stück «Münchhausens Enkel» vom Autor vernommen: «Der Unmut über die Machenschaften der Finanzwelt in den vergangenen Jahren hat sich weit in die betroffenen Kreise hinein, gleichsam in den eigenen Reihen, etabliert.»

Die Bedeutung des oft abwertend benutzten Wortes Machenschaft(en) dürfte den Lesern klar sein: Es bezeichnet eine sich im Verborgenen abspielende, unlautere Handlung, meist eine Unternehmung, mit der sich jemand einen Vorteil zu verschaffen oder einem anderen zu schaden sucht. Statt von Intrigen- und Ränkespiel, von Winkelzügen oder Kabale spricht man heute gern von üblen, dunklen Machenschaften, davon, jemandes Machenschaften zu durchkreuzen, oder darüber, die Machenschaften gegen jemanden aufzudecken.

Ob irgendeinem Leser aufgefallen ist, dass sich das Wort in der Schweiz bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts zurückverfolgen lässt und es zunächst eine durchaus positive Bedeutung im Sinne von «Kontrakt, Vereinbarung, Vergleich» hatte? «Falls ein Burger mit Fremden oder Aussern associert wäre, soll derselbe den Vorgesetzten des Kaufhauses seine Machenschaften und Associations-Briefe vorlegen» – hiess es noch 1754 in der Kaufhausordnung der Stadt Bern. Da schwang nichts Übles mit.

Erst wesentlich später wandelte sich die Wortbedeutung in die negative Richtung – hin zu dunklen Praktiken und heimlich-böswilligem Tun, für das etwa Jeremias Gotthelf in seinem Roman «Geld und Geist» (1843/44) den amüsanten Ausdruck «unter einem Hütlein spielen» verwendete – möglicherweise in Anlehnung an betrügerische Praktiken beim Karten- und Würfelspiel: «Wo ein Regierungsbeamteter und ein Gemeindsbeamteter, ein Gemeindschreiber zum Beispiel, unter einer Decke liegen und unter einem Hütlein spielen, da können noch heutzutage ganze Vermögen verschwinden, und wo ist das Verantwortlichkeitsgesetz gegen den Regierungsbeamteten?»

Für die Überführung des Begriffs Machenschaft ins Schriftdeutsch haben neben dem Dichter Gottfried Keller zwei weitere für die Schweiz bedeutende Persönlichkeiten gesorgt. Johann Caspar Lavater sprach in seinen 1784 in St. Gallen veröffentlichten «Herzenserleichterungen» davon, «niemals selbst eine Art von Partei oder Sekte zu stiften», weil er «einen unaustilgbaren sittlich-religiösen Ekel vor allen solchen menschlichen Machenschaften» habe.

Und der 1886 in Zürich verstorbene Kulturhistoriker und Schriftsteller Johannes Scherr kritisierte in seiner historischen Novelle «Die Pilger der Wildnis» 1853 die «Machenschaften der Medizinmänner, welche die Eigenschaften des Priesters, Arztes, Wahrsagers und Zauberers in sich vereinigten».

Wladimir Putin hat Oleg Deripaska einst vor laufenden TV-Kameras dazu gezwungen, demütig einen Vertrag über den Fortbestand eines Zementwerks in der Provinzstadt Pikaljowo zu unterschreiben. Ob er sich dabei auch irgendwelchen Machenschaften unterworfen gefühlt hat?

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