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störton, echo

TREIBHAUS-Siegertext 3/2014

störton, echo
Eva Maria Leuenberger, photographiert von Michael Wiederstein.

I.

körperdruck / muskelfasern, verhärtet

– blut schlägt durch

auf der innenseite der lider

sprenkelt das licht

darunter der raum, von innen

der körper klingt. geysirsprache,

im absprung

kauernd –

 

II.

dort: die stimmen

flüstern, ohne ton

im augenwinkel zuckt ein körper

und trotzdem, sind wir allein

der boden fällt, und bröckelt

– stille ist ein morsches dach,

auf das der regen schlägt

 

III.

luft ist die erste resonanz der stimme

und wir liegen darunter

nennen uns berge,

unverrückt, seit anfang schon

und immer, von irgendwo, der wind,

der durch die täler zieht, und das wasser,

das aus dem boden dringt

 

IV.

der tag splittert

die schroffen wellen, siehst du

wie sie sich krallen in die luft,

wie die schaumspitzen den sand aufwetzen

wir haben die falsche sprache gewählt –

störton, schweigen – im echo

sickern die worte

 

V.

an der nahtstelle dazwischen

pausiert das licht; und sprenkelt –

im gegenschlag schwebend

die luft ist durchgeschabt

durch die haut schimmert blut /

die wurzeln unter der nebelschicht –

das harz unter der rinde, die ringe

unter dem holz, einer nach dem andern

 

VI.

wir ordnen die knochen

in das gefüge ein, brechen den wind

in die ecken. in den ritzen fliesst

honig frei und zieht die fliegen

schwirrend an

von oben tropft teer auf die stirn

durch die löcher in der decke

– darunter liegt der körper

und wartet das wasser

 

VII.

die stimme ist verbunden

wie ein messer, mit wattentuch

die luft steht still

nur ein spatz am fenster rüttelt das licht –

ein braunfleckiges tier, den kopf

um den mittelpunkt knickend

im sekundenbruch frei / schreckfliegend

die flügel in panik gezuckt

 

 

VIII.

sagen wir, sehnsucht

ist ein weisses kleid –

die knöpfe über der brust gereiht

und eine angenähte tasche,

in der die hand alleine ruht

 

sagen wir, der ausschnitt im fenster

ist die ganze welt, oder welt genug

– der wind in den bäumen spiegelt

auf der haut, und nur die nacht ist sicher.

dann sind die fenster offen

atmen die luft, als wäre sie frei

und spüren den wind,

der an den knöpfen zieht

 

IX.

einmal schütteln wir den körper ab

das gesicht den mund

die haut, die die grenzen zeichnet

einmal reisst der nebel ein

und die luft dringt durch

stille taut auf, und wasser

tropft die worte weich

 

X.

die luft sickert selbst, am ende.

in der stille der dämmerung

bleibt nur die ruhe –

das licht im see entfiedert

die sich bäumende nacht

das wetterleuchten am ende des sees

– das bild bleibt ungebrochen

und nur der klang eines körpers

füllt das tal

wie er das wasser mit jedem zug teilt

und neu zusammenfügt 

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