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Brief aus der Romandie (deux)

Der Genfer Salon du livre ist ein voller Erfolg: Noch nie haben wir so viel Raclette verkauft», freut sich am 2. Mai, mit feiner Selbstironie, dessen Präsidentin Isabelle Falconnier. Die Literaturkritikerin (bei «L’Hebdo») ist nun auch noch Beauftragte für die Buchpolitik in Lausanne. In der riesigen Messehalle in Genf verleiht die der Schweizer Literatur gewidmete «Place […]

Der Genfer Salon du livre ist ein voller Erfolg: Noch nie haben wir so viel Raclette verkauft», freut sich am 2. Mai, mit feiner Selbstironie, dessen Präsidentin Isabelle Falconnier. Die Literaturkritikerin (bei «L’Hebdo») ist nun auch noch Beauftragte für die Buchpolitik in Lausanne. In der riesigen Messehalle in Genf verleiht die der Schweizer Literatur gewidmete «Place suisse» dem einheimischen Schaffen eine grössere Sichtbarkeit – und wegen des nahen Raclettestands -einen penetranten Käsegeruch.

Autorinnen und Autoren der Romandie erkennt man -übrigens daran, dass sie stolz ein 1726seitiges Buch in wunderschönem Dunkelblau mit sich herumtragen oder fieberhaft in seinem 40seitigen Index blättern: «Bin ich drin? Wie oft, in welchen Kapiteln?» Es handelt sich um die bei Zoé neu aufgelegte «Histoire de la littérature en Suisse romande». Das von Roger Francillon mit einem Redaktionsteam herausgegebene -Standard-werk zählte vier reich illustrierte Bände, 1996–1999 bei Payot erschienen. Der kompakte Einzelband verzichtet nun auf die Bilder und präsentiert die zeitgenössische Literatur völlig neu. Kinderbuch, Chanson, Comic und Spoken Word erhalten ihr eigenes Kapitel, ebenso Exilliteratur, Literaturvermittlung und Übersetzung. Zwei Kilo – ein Muss.

«Le Prix» heisst sinnigerweise das Buch, das dieses Jahr den mit 8000 Franken dotierten Prix Michel Dentan erhält. Im -ersten Roman der 36jährigen Antoinette Rychner (erschienen im Pariser Verlag Buchet Chastel) bewirbt sich der Bildhauer Moi jedes Jahr mit einem «Ropf», so heissen seine Werke, um den Kunstpreis. Dessen Ausbleiben stürzt ihn in Verzweiflung. Wie soll er auch beruflich erfolgreich sein, wenn seine Frau S. und die Kinder «Knirps» und «Wiederknirps» ihn ständig Zeit und Energie kosten? Der Text kreist um den Nabel eines Künstlers, denn da wachsen die Ropfe, bevor er sie von sich löst und weiterbearbeitet. Witz und überraschende Sprachbilder – wie die Erzählung einer Geburt als Meeressturm – sorgen für kurzweilige Lektüre.

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