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Editorial

 

Liebe Leserinnen und Leser

Zweihundert Jahre Gottfried Keller: Wird der alte «Göpf» zu Recht so gefeiert oder nutzt man die 200 vor allem, um die Gelegenheit beim Schopf zu packen, der Literatur etwas Aufmerksamkeit und den Literatinnen und Literaten etwas Fördergeld zu verschaffen?
Was war das für einer, der noch heute – und vor allem in und um Zürich keineswegs nur ironisierend – als «Nationaldichter» bezeichnet wird?

Wir haben nachgefragt. Nicht zuletzt bei den wohl zwei grössten Kellerfans und -kennern unter den Schweizer Schriftstellern: Adolf Muschg und Thomas Hürlimann sind nicht zufällig zu diesem Jubiläum – das auch ein Kellerpreis-Jubiläum ist, das 100jährige! – mit dem Gottfried-Keller-Preis ausgezeichnet worden. Beide haben sich in ihrem Werk kontinuierlich direkt und indirekt auf Keller bezogen, ihre Begeisterung für den «Grünen Heinrich» und «Martin Salander», für Kellers Gedichte und Novellen, für seine Ambivalenzen und Absurditäten ist auch im Gespräch (ab S. 16) förmlich greifbar. Welch’ Freude, die beiden grossen Schweizer gemeinsam begrüssen zu können!

Ganz ohne Reality Check mit der heutigen Generation und Sprache soll der Jubilar aber nicht davonkommen. So zeitlos seine Themen, so modern seine Figuren, sind Setting und Sprache Kellers doch fest im 19. Jahrhundert verankert. Wie würden seine «Züricher ­Novellen» heute klingen? Unter dem Motto «REFRESH Keller» haben sieben «neue» Autorinnen und Autoren den Versuch gewagt: mal lyrisch, mal prosaisch, mal essayistisch, mal auf Mundart. Diese Texte (ab S. 24) veröffentlichen wir in Zusammenarbeit mit dem Verein «Sofalesungen» – vielen Dank!

Nicht gerade zwei Jahrhunderte, aber doch fast zehn Jahre war Michael Wiederstein Kulturredaktor in dieser Redaktion. Er war es, der 2011 die einigermassen verrückte Idee hatte, eine eigenständige Literaturzeitschrift aus dem «Schweizer Monat» auszugliedern. Dass es den «Literarischen Monat» gibt, ist Michaels Verdienst, und dass sein Weggang diesen Sommer eine enorme Lücke hinterlässt, ist offensichtlich. Vielen Dank, lieber Michael, dass du dich von dieser Idee nicht hast abbringen lassen. Vielen Dank auch für das Vertrauen, dass es hier auch ohne dich gehen wird. Zum Abschied haben wir auf literarischermonat.ch Michaels Top Ten aus 37 Ausgaben «Literarischer Monat» zusammengestellt.

Ob on- oder offline, ob im Bett oder als Sofalesung, ob unter der Dachschräge oder/und im Keller lesend: Gute Lektüre!

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