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Editorial

Liebe Leserinnen und Leser

Haben Sie Elisa Shua Dusapin auf unserer Titelseite erkannt? Wenn ja, Kompliment – die ­Jurassierin gehört zu den vielversprechendsten und eigenständigsten Stimmen der ­Schweizer Literatur. Dass sie für den «Literarischen Monat» eine exklusive Kurzgeschichte geschrieben hat, noch dazu eine so berührende, persönliche, ist mir eine besondere Ehre und Freude.

Wenn nein, kann ich Sie beruhigen: Sie sind nicht allein. Der Röstigraben ist nicht nur ein ­politischer, er setzt sich trotz aller Kohäsionsbemühungen der Kulturpolitik auch in der ­Literatur fort. Was in den «anderen» Landesteilen erfolgreich ist, wird nur in den seltensten Fällen von einem breiten Publikum in der Deutschschweiz gelesen – und umgekehrt.

Quentin Mouron (das Interview lesen Sie hier) hat mit nur 30 Jahren schon sechs Romane veröffentlicht, und das äusserst erfolgreich – im französischen Sprachraum, versteht sich. Immerhin sind drei davon übersetzt und könnten ein deutschsprachiges Publikum finden. Bernard Comment hat mit seinem Erzählband «Tout passe» den Prix Goncourt de la Nouvelle gewonnen – zwar nicht den «grossen» Goncourt, aber doch erstaunlich, dass der Autor nie übersetzt worden ist. Das Gleiche gilt für etliche nicht deutschsprachige Träger der ­Schweizer Literaturpreise. Ja selbst in den Standardwerken des grossen Peter von Matt zur «Literatur und Politik der Schweiz» ist nur von Deutschschweizer Autoren die Rede. 

Warum kennen wir die «andere» Literatur kaum? Ist es eben irgendwie doch nicht die ­«unsrige»? Unser Schwerpunkt geht diesen Fragen nach – und versucht, Brücken zu bauen. Unsere Erkundungen führen uns auch zu den anderen Sprachgrenzen des Landes. Fabio Andina etwa, dieses Jahr für «La pozza del Felice» mit dem Terra-Nova-Preis der Schweizerischen Schillerstiftung ausgezeichnet, ist hier erstmals auf Deutsch zu lesen.

Mit einer typisch Mannhartʼschen literarischen Wanderung ennet dem Röstigraben ist auch Urs Mannhart im Schwerpunkt dieser Ausgabe dabei – und natürlich mit seiner Kolumne «Kraut & rüber», zum letzten Mal. «Nach drei, dreieinhalb Jahren», schrieb mir Mannhart, sei es an der Zeit, sich Neuem zuzuwenden. Viereinhalb Jahre und 19 Kolumnen sind es ­gewesen, lieber Urs, und es war uns eine grosse Freude. Grosser Dank!

Ebenfalls verabschieden wir uns von unserer Redaktorin Laura Clavadetscher, die den «Monat» Ende 2019 nach zwei Jahren verlässt. Ihr analytischer Scharfsinn und ihre Fabulierlust bei gleichzeitig penibler Präzision wird uns enorm fehlen – der aktive Wortschatz der Redaktion dürfte sich in etwa halbieren… Alles Gute!

Kraut & over, bonne lecture!

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