Die Schlussfrage der Schlussfragen ist immer die nach dem nächsten Werk. Sie ist ausplänkelnd gemeint, lange genug hat man warten müssen auf Buffet und Weisswein, ich entspanne mich, denke auch an den Wein und daran, dass hoffentlich noch zwei, drei Leute das Buch kaufen, denn ich habe keine Ahnung, wie das mit einem nächsten je klappen soll. Nur weil man ein Buch geschrieben hat, heisst das ja noch lange nicht, dass man wüsste, wie das geht, ein Buch schreiben.
Ja, wenn man ein Buch geschrieben hat, weiss man eigentlich noch viel weniger, wie so was je gehen konnte. Ich weiss einzig: Auf keinen, aber auch wirklich gar keinen Fall kann, darf und soll man davor davon erzählen. Man soll nicht, weil man dabei versuchen wird, etwas zu «verkaufen», das noch nicht existiert, und weil das, was noch nicht existiert, dadurch verändert wird. Man darf nicht, weil Kunst nur im Geheimen wachsen kann. Und man kann nicht, weil: siehe oben. Also sagt man, was Schriftsteller immer sagen: Ich schreibe an was, das «etwas Längeres» werden könnte. Und man schielt dabei rüber zum Buffet, das man nicht länger warten lassen möchte und auch den Weisswein nicht, und mit der Dame vom Büchertisch habe ich schon vor der Lesung ein wenig geschäkert, da könnte man ja noch etwas weiterschäkern. Also schnell die Sache hinter mich bringen, etwas sagen wie: «Merken Sie sich schon mal das Jahr 2019 vor!» Das Publikum lacht, dabei war das höchst optimistisch gerechnet. Ja, mehr ist jetzt nicht mehr zu sagen, also mache ich vielleicht noch etwas Werbung, dazu einen kurzen Blick zur Dame vom Büchertisch, die ist bestimmt hier aus der Gegend, vielleicht kennt sie hier ja irgendwo noch was Nettes, wo man nachher hingehen könnte. Hat sie gerade gelächelt? Der Moderator jedenfalls lächelt, er sagt: «Danke, also wenn dann jetzt keiner mehr eine Frage hat, würde ich sagen, dass das Buffet hiermit…» Und dann ist da immer einer, der genau jetzt den Arm hebt, der sagt, eine Frage habe er jetzt doch noch:
«Herr Mezger, warum schreiben Sie?»