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Editorial #11

Erklären und Erzählen – das war eine Einheit im Mythos. Die Mythen gingen unter, die Entzauberung der Welt begann. Passen also Erklären und Erzählen noch zusammen?

Editorial #11
Michael Wiederstein, photographiert von Thomas Burla.

Im Jahr 1959 veröffentlichte der englische Wissenschafter und Schriftsteller Charles Percy Snow einen Essay mit dem Titel «Zwei Kulturen». Snow stellt darin zwei sich voneinander entfernende Sphären gegenüber, die er beide aus seinem Tagesgeschäft kannte: die Geisteswissenschafter und Literaten auf der einen Seite, die Naturwissenschafter und Techniker auf der anderen. Erstere, so stellte Snow fest, würden zunehmend in eine pessimistische und nostalgische Weltsicht abgleiten, letztere hingegen zeichneten sich dadurch aus, alles Denkbare für machbar zu halten und stolz auf die Welt des Schöngeistigen herabzublicken. Der Befund: die beiden Kulturen haben sich nichts mehr zu sagen. Auf der Strecke bleiben Fortschritt und Bildung des Menschen – was laut Snow beides nur an den Schnittstellen dieser Sphären möglich ist.

Die These von der Kluft zwischen den «Zwei Kulturen» beherrscht seitdem nicht nur Kolloquien und Fakultäten, sondern auch das Tagesgeschäft vieler Menschen. Die Rede von der besonderen Qualität interdisziplinärer Bildung ist, und hier sind sich für einmal alle einig, von elementarer Bedeutung für unsere Lebenswelt. Wir haben uns gefragt: Wie steht es um den gegenseitigen Einfluss von Wissenschaft und Literatur heute? Wie wirken Geschichten auf unsere Geschichte – und umgekehrt? Und wo liegen die Schnittmengen von Erklären und Erzählen?

Im Schwerpunkt «Wissenschaft und Literatur» geben vier Wissenschafter Antworten auf diese Fragen. Darunter einer, der genau dieses Thema seit Jahren an der Universität erforscht. Hinzu kommen drei zeitgenössische Schweizer Schriftstellerinnen und Schriftsteller, deren literarischer Fokus auf der Bearbeitung wissenschaftlicher Gegenstände (aus Ökonomie, Philosophie, Geschichte, Psychologie und Management) liegt. Wer hier 3 und 4 zusammenzählt, kommt – nach Adam Riese – auf 7. Für einmal bleibt es aber – ebenso korrekt – trotzdem bei vier Beiträgen. Ein aufschlussreiches Zahlenspiel, das zeigt: bis heute gibt es Denker, die in beiden Kulturen, Welten, Sphären daheim sind. Und gern über ihre Erfahrungen berichten.

Viel Vergnügen!

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