Eine Stunde Spass

Ich habe ein Problem. Ohne Sport kann ich nicht leben. Blöd nur: man muss zum Sport immer erst mal hinkommen, und der öV killt mich. Jogginggerechte Grünanlage: zwanzig Minuten U-Bahn, natürlich immer voll. Fitnessstudio: zehn Minuten Bus, zehn Minuten zu Fuss. Berlin, du kannst so schön schrecklich sein.

Ohne öV gibt’s nur Zumba bei der Volkshochschule. Freunde gehen hin, «komm doch auch», sagen sie. Zumba! Ein übermotivierter Trainer, der eine Neon-Armada mit euphorischem Gebrüll anfeuert, während im Hintergrund fragwürdige Partymucke läuft – wie sportlich kann das sein? Aber na gut, überredet, vielleicht liefert das Experiment ja zumindest ein paar Schreib­ideen.

Ich also mein Notizbuch eingepackt und mitgegangen. An der Halle klebte der Aushängezettel mit dem vielversprechenden Kurstitel: «Eine Stunde Spass». Für Spass bin ich immer zu haben. Fünf Minuten später fand ich mich in einer erstaunlich heterogenen Gruppe Menschen wieder: Neon ja, aber keiner gängigen Schublade zuzuordnen. Aber selbst wenn ich hier auf ein paar Klischees getroffen wäre, die man literarisch hätte verarbeiten können: Ich wäre niemals dazu gekommen, sie auch nur in Gedanken zu notieren, denn die sogenannte Spassstunde entpuppte sich als schweisstreibender Höllenritt. Wenn Sie wissen wollen, wie anstrengend es werden kann, einer Fensterfront zuzuwinken, gehen Sie zum Zumba.

Während meine Freunde mit strahlenden Gesichtern die Choreographie mittanzten, versuchte ich beim Ausfallschritt nicht über meine Füsse zu stolpern. Aus dem Lautsprecher sang Beyoncé: «Yes! It’s so crazy right now!» Vielen Dank für den Hinweis.

Es war eine Qual. Ich verspreche, nur noch im Ton höchster Anerkennung von Zumba zu sprechen – und mich nie mehr von Freunden zu «Spass» überreden zu lassen. In meinen Ohren schallt es «uh, oh, uh, oh, uh, oh, oh no no», während ich mit einem doppelten Pistazieneis in der Sonne sitze und aus einer Stunde Powerchillen zwei werden lasse. I like 99 sports, but zumba ain’t one.