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Michael Stauffer: «Jeden Tag das Universum begrüssen»

Michael Stauffer:
«Jeden Tag das Universum begrüssen»

 

Michael Stauffer ist der Chili im Arsch der Schweizer Spoken-Word-Szene. 2007 erschien im Verlag der gesunde Menschenversand die CD «So viel wie nie» (von Michael Stauffer, Hans Koch, Fabian Kuratli) – das war eine Bombe. Keiner zuvor war so penetrant, keiner so grenzüberschreitend. Keiner war auf diese Art lustig, keiner hangelte sich derart weit auf die Äste raus – und purzelte zuweilen auch wie Fallobst. Die britische Avantgarde-Zeitschrift «The Wire» publizierte 1998 «als Gegengift zu all den anderen Bestenlisten des Jahrhunderts» ihre «100 Records That Set the World on Fire (While No One Was Listening)». Die Scheibe würde sich da würdig einreihen – das also vorab zur Fallhöhe.

Nun erscheint dieser Tage bei Voland & Quist Stauffers neues Buch «Jeden Tag das Universum begrüssen», nachdem bereits der Roman «Pilgerreise» vor wenigen Jahren dort erschienen war. Während im Roman ein von seiner Frau Verlassener auf dem Jakobsweg sich selbst sucht, ist das jüngste Werk eher eine Sammlung von Etüden. Die ständigen Reminiszenzen an die Eso- und Ratgeberliteratur, die bereits im Spoken-Script-Band «Alles muss lösen» (2013) die eher schwierigen Passagen waren, sind nun als motivierendes Moment ein wenig ausgeleiert, «Jeden Tag das Universum begrüssen» gelingt es allerdings besser, als der Titel suggeriert, diesen Stauffer-Zombie doch noch einmal wiederzubeleben. In 499 Miniaturen verhandelt Stauffer Gedanken, Gedichte, Fragen zu Zeit, Gesellschaft und Familie. Die stilsichere Sprache ist ein grosses Plus, vor allem dann, wenn die Inhalte etwas gar seicht werden. Atmosphärisch wird’s aber erst, wenn man beim Lesen die Stimme des Autors im Kopf hat. Der performende Stauffer überflügelt weiterhin alle – der geschriebene macht‘s sich zuweilen etwas leicht. Ziemlich witzig sind die Fussnoten, die (absichtlich) stets etwas umständlich formuliert sind und eher der Erheiterung denn der Erörterung dienen. Am adäquatesten einzuordnen ist der neue Stauffer wohl als Stundenbuch: Ursprünglich ein Laiengebetsbuch, irgendwann ein Gedichtzyklus von Rilke, jüngst ein Zeitvertreibbuch. Originelles neben Profanem, Feuerwerk neben Fingerübung. Kann man‘s so lesen, ist es lesenswert. Nun aber möge er doch endlich mit dieser Esoterik aufhören.

Michael Stauffer: Jeden Tag das Universum begrüssen. Dresden/Leipzig: Voland & Quist, 2017.

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