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Brief aus der Romandie (trois)

«Nieder mit den Alpen, freie Sicht aufs Mittelmeer», diesen Slogan zitierte Bundesrat Alain Berset in seiner Eröffnungsrede zur 6. Ausgabe des Morger Festivals «Le livre sur les quais» und zeigte dabei auf die Berge, die den Genfersee säumen – würde dieser Schutz der Schweizer Literatur nicht fehlen? Rund 300 Autoren, die Hälfte davon Schweizer, absolvierten […]

«Nieder mit den Alpen, freie Sicht aufs Mittelmeer», diesen Slogan zitierte Bundesrat Alain Berset in seiner Eröffnungsrede zur 6. Ausgabe des Morger Festivals «Le livre sur les quais» und zeigte dabei auf die Berge, die den Genfersee säumen – würde dieser Schutz der Schweizer Literatur nicht fehlen? Rund 300 Autoren, die Hälfte davon Schweizer, absolvierten vom 4. bis 6. September ihre Signierstunden im riesigen Zelt am Seeufer, wenn sie nicht gerade an Diskussionsrunden teilnahmen. Über 40 000 Leser besuchten den Anlass. Gastland war Griechenland, auf dem Programm standen auch englische Veranstaltungen, und dank des Centre de Traduction Littéraire waren die Übersetzerinnen und Übersetzer sehr präsent. Nur die deutschsprachigen Autoren konnte man an einer Hand abzählen: Peter Stamm, Martin Suter und der erstmals auf Französisch übersetzte Lyriker Thilo Krause.

Die «Literarischen Kreuzfahrten» waren besonders begehrt. Auf dem Schiff «Lausanne» traten in neunzig Minuten Fahrt dreizehn Waadtländer auf: vom 24jährigen Arthur Brügger, der bei Zoé seinen ersten Roman «L’œil de l’espadon» (Das Schwertfischauge) veröffentlicht, in dem ein junger, naiver Fischverkäufer seine Arbeitswelt in einem grossen Warenhaus schildert, bis zum 67jährigen Étienne Barilier, der in «Les cheveux de Lucrèce» (Buchet Chastel) zwei italienische Jugendliche Liebe, Kunst und Gewalt entdecken lässt. Eugène veröffentlicht ein Buch mit lauter Anfängen und musste sich die Frage gefallen lassen, ob das nicht pure Faulheit sei. Dafür meinte er (im kleinen Kreis) maliziös, es würde reichen, dieses Schiff zu versenken, um der Waadtländer Literatur ein Ende zu bereiten.

Die «Lausanne» kehrte sicher nach Morges zurück und im Zug stürzt die Leserin sich auf ein Buch, das sie im Mittelalter-Saal des Musée Alexis Forel packte: Elisabeth Horems «La mer des ténèbres» (B. Campiche). Drei Teile (zwei davon historisch, der letzte autobiografisch inspiriert) tauchen jeder auf seine Art tief in die Schwärze der menschlichen Seele.

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